"Maharani" - Sonderklasse S 20
Text: Irene Lust und Peter Seufert
Im Jahre 1910 erblickte ich als Sonderklassenyacht in Hamburg das Licht der Welt. Meinen rassigen, schlanken Körper aus Zeder verdanke ich meinem Konstrukteur und Erbauer Max Oertz. Mein erster Besitzer Dr. von Flotow (VSaW) taufte mich auf den Namen Skonna. Ich war wohl sehr früh fit, denn noch im gleichen Jahr gewann ich die „Offene Wettfahrt am Wannsee“, wo sich auch mein erstes Heimatrevier befand.
Sonderklassenwettfahrt 1910 (Kieler Woche)
Im Jahre 1912 bekam ich einen neuen Besitzer, Herrn Alfred Laucht, der mich auf den Namen „Brünhilde“ taufte. Vielleicht hat Dr. von Flotow seinen Entschluß, mich wegzugeben, bereut, denn im Jahre 1922 nahm er mich wieder zu sich und gab mir meinen ursprünglichen Namen zurück. Unsere erneute Verbindung sollte aber nur von kurzer Dauer sein, denn schon im folgenden Jahr übernahm der „Königlich Bayerische Yachtclub“ in Starnberg für mich die Verantwortung. Zunächst als „Vidi II“, später als „Edeltraud“ erkundete ich mein neues Zuhause in Bayern, den Starnberger See.
Der Beginn des Zweiten Weltkriegs hat wohl dazu geführt, daß mein Gedächtnis einige Lücken aufweist; wahrscheinlich ist, daß ich 1939 zu meinem persönlichen Schutz an den Chiemsee verlegt wurde. Auf der Strippel-Werft in Prein fristete ich ein trauriges Dasein, da man mich meines Bleikiels beraubte. Als diese schwierigen und traurigen Jahre vorbei waren, erweckte mich mein damaliger Besitzer Herr Reinhard zu neuem Leben. Endlich konnte ich meinen schlanken Körper wieder durchs Wasser gleiten lassen und seitdem bin ich am „Bayerischen Meer“ zuhause. Ich fahre vorbei an der Herreninsel, dem Schloß König Ludwigs II. von Bayern und mache manchmal Rast bei einem der Fischer auf der Fraueninsel.
Ich hatte dann einige wechselnde Beziehungen, die auch mein Äußeres stark beeinflußt haben, so daß ich heute mit einer kleinen Kajüte und einem Hochrigg statt des ursprünglichen Gaffelriggs ausgestattet bin. Die Kajüte hat natürlich den Vorteil, daß meine Gästeauch bei Regen ein trockenes Plätzchen finden. Ich hoffe jedoch, daß man mir eines Tages mein ursprüngliches Aussehen zurückgibt.
Meine jetzigen Eigner, die seit über 20 Jahren sehr gut für mich sorgen, sind ständig bemüht, mich noch schöner zu machen. 1995 krönten sie ihre Fürsorge mit einem tollen Geburtstagsfest. 85 Jahre sind ein stolzes Alter und es hat mich ungemein gefreut, daß die von mir eingeladenen Schiffe - trotz mangelnden Windes - auch alle kamen:
Ich hatte mir eine schöne Bucht ausgesucht und erwartete gespannt an meinem Ankerplatz die Gäste. Ein 45er Nationaler Kreuzer, drei 35er Nationale Kreuzer, ein alter hölzerner Drachen, ein altes Ruderboot sowie einige neuzeitliche Yachten aus Kunststoff gaben mir die Ehre und wir lagen einträchtig Seite an Seite. Auf allen Booiten hat man immer wieder auf meine - trotz des hohen Alters - gut erhaltene Figur angestoßen und man überraschte mich mit vielen schönen Geschenken. Um Mitternacht wurde mir noch eine besondere Ehre zuteil, als man meine rassige Silhouette zu den Klängen von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ mit Fackeln erleuchtete.
Es war ein einmaliges Ereignis und ein wunderschönes Fest. Die letzten Gäste gingen bei Sonnenaufgang und ich freue mich schon jetzt auf den 100.
Schwesterschiffe: Sonderklassenregatta 2000 auf dem Attersee