"Feolinn" - International 8 metre Cruiser/Racer
Text: Enno Thyen, Fotos:
Die Internationale Cruiser-Racer-Formel wurde 1950/51 von der IYRU eingeführt. Neben anderen waren der norwegische Konstrukteur Bjarne Aas und sein schottischer Kollege James McGruer, auf dessen Werft insgesamt 16 8-CR und einige weitere anderer Klassen entstehen sollten, federführend an der Entwicklung dieser Konstruktionsformel beteiligt. Die Meter-Rennformel stellte dabei hinsichtlich des Formeltyps den Ausgangspunkt dar und das Ziel war es, fahrtentaugliche und komfortable Cruiserversionen der verschiedenen Meterklassen hervorzubringen, mit denen trotzdem anspruchsvolles Regattieren möglich sein sollte. Im 51er Jahrbuch des britischen Magazins Yachting World ist die Formel und jedes der darin benutzten Maße genau beschrieben.
In Norwegen, aber auch in Schottland wurden einige Yachten schon vor 1951 gebaut, die als CR oder auch meter tur (in Norwegen) bezeichnet wurden und werden. Bei diesen handelt es sich teilweise um Vorläufer, die schon nach den Grundgedanken der Formel konstruiert worden sind, aber nicht unbedingt alle Grenzmaße und Vorschriften der Formel einhalten.
Die CR-Yachten wurden in die Klassen 7-CR, 8-CR, 9-CR, 10,5-CR und 12-CR eingeteilt. Die Wasserlinienlänge liegt maximal jeweils geringfügig über dem Klassenwert, bei der 8-CR zum Beispiel bei 8,35 m. Am verbreitetsten waren die 8-CR, von denen allein in Großbritannien 1967 noch 22 registriert waren.
Die erste „echte“ CR-Yacht war die schottische 8-CR „Sonda“ von 1951, konstruiert und gebaut von James McGruer am Gareloch/Clyde an der schottischen Westküste, die heute noch an ihrem Ursprungsort an der Mooring liegt. Die FKY-Delegation, die in diesem Jahr der Einladung der Gareloch-One-Design -Vereinigung nach Schottland gefolgt war, konnte „Sonda“ im Gareloch segeln sehen.
Eine weitere McGruer 8-CR von 1963 und damals „Boat of the year“, die dunkelgrüne „Inishmara“, ist ebenfalls noch dort beheimatet, genauso wie „Altricia“ von 1965. Bis zu ihrer Entführung in die Ostsee gab es bis 1996 am Gareloch auch noch die 1961 ebenfalls bei McGruer gebaute „Feolinn“ und damit geht unsere Geschichte richtig los:
Im Winter 95/96 hatten wir uns wirklich schweren Herzens entschlossen, uns von unserer „Delight“, einer 11,5 x 2,5 m langen, makellosen Mahagoni-Schönheit aus Schweden zu trennen - das Schiff bot unserer wachsenden Familie nicht mehr genug Raum. Wir wurden durch einen Fortsetzungsartikel in der Classis Boat (Aug.-Okt.95) über die ehemals sehr bedeutende, mittlerweile nicht mehr existierende McGruer-Werft in Rosneath auf die 8 CR aufmerksam und in der Okt.-Ausgabe wurden tatsächlich 3 dieser Schiffe angeboten. Die unglaublich eindrucksreiche und auch spannende Geschichte des Bootskaufes, über die alleine man ein kleines Buch schreiben könnte, soll hier nur anhand ihrer wesentlichen Eckpunkte im Überblick wiedergegeben werden.
Sie begann auf dem Hamburger Wintertreffen 1996, wo ich den mittlerweile vielen bekannten David Ryder-Turner in einer Pause einfach ansprach, ob er denn als Schotte vom Clyde etwas von den Schiffen oder der Werft wüsste. Natürlich wusste er „etwas“... - fragte etwa, ob er mir Fotos schicken sollte, die er zu Hause hätte oder erzählte, dass er gerade letzte Woche mit George McGruer, Sohn von James und viele Jahre Direktor der Werft, zu Abend gegessen hätte. Naja - Volltreffer. Eine Woche später holte mich David in Glasgow vom Flughafen ab und chauffierte mich am folgenden Tag zwecks Besichtigung von mehreren Schiffen, darunter auch „Feolinn“, in der Gegend herum. Hervorragendes B&B in der Nachbarschaft hatte er auch organisiert. Die ganze Sache wurde dann doch relativ kompliziert, denn die damals ursprünglich in den Focus genommene „Sunburst“, die letzte 8-CR (1967, David Boyd/Robertson), erwies sich auf Grund ihres englischen Eigners, den verschiedene Leute unumwunden als „mad“ bezeichneten, als auch wegen eines kapitalen Schadens im Heckbalken als nicht weiter verhandelbar. Doch das stellte sich erst bei unserem zweiten Besuch (diesmal war meine Frau Hanne auch dabei) heraus. Schließlich bekam „Feolinn“ im April den Zuschlag und zwar telefonisch und einem inneren Trieb folgend aus Berry bei Cardiff, wo wir uns gerade mal so eben eine weitere (nicht in Frage kommende) 8 CR angesehen hatten. Feolinn war von den „verfügbaren“ Schiffen das am besten gepflegteste, war wenig verbaut, hatte erst den zweiten Eigner und wirkte in dem unbeschreiblich rumpeligen Schuppen der noch unbeschreiblicheren „Werft“ in Kilgreggan wie ein astraler Fremdkörper - für eine angemessene Beschreibung der ganzen Örtlichkeit wäre jetzt das nächste kleine Buch fällig. Jo Becker hat in seinem sehr schönen Reisebericht über den ersten Schottlandausflug einer FKY-Gruppe 1999 (s. Mitteilungsblatt) einige Eindrücke der McGrouther´s zum Besten gegeben.
Ende Juni ging es dann in Begleitung meines Bruders Peter, der seither auch zur unverzichtbaren Stammcrew bei allen Klassiker-Regatten gehört, per Fähre und Zug erneut an den Clyde, um das Schiff nach Lübeck zu holen. Dass „Feolinn“ aufgeriggt auf der Slipbahn stand, wirkte in Anbetracht der angedeuteten chaotischen Zustände bei McGrouthers eigentlich etwas überraschend und ich dachte daraufhin, dass wahrscheinlich auch noch das Slippen gutgehen würde, wenn auch die Schienen und der Wagen aussahen, als wären sie zuletzt in den 60er Jahren benutzt worden. Immerhin war der Voreigner zu dieser Zeit schon mit seinem neuen Schiff in Amerika. Das Schiff schwamm, war dicht, der Diesel sprang an - überhaupt: es funktionierte alles !
Am folgenden Tag begann die Reise an der schottischen Westküste. Wir benutzten den Crinan-Kanal, dessen 13 Innenschleusen selbst und per Muskelkraft bedient werden mussten, erlebten Dorus Mor, eine Hauptachse der Tide, mit 7 kn Strom und passierten den Caledonischen Kanal mit Loch Long und Loch Ness. Von Inverness segelten wir nonstop nach Skagen und kamen dort nur 8 Tage nach dem Zuwasserlassen an. Einen weiteren Tag später traf ich meine Familie in Grenaa, um die Weiterreise noch als Urlaub nutzen zu können.
Nun noch einige Informationn zum Schiff:
Als einzige der bei McGruer gebauten 8 CR sind bei „Feolinn“ alle Spanten aus verleimtem Mahagoni, unten 56 x 63 mm, nach oben etwas verjüngt mit 32 cm Abstand. Im Mastbereich gibt es 3 Spanten mit 76 x 63 mm. Alle Spanten sind mit Bodenwrangen verbolzt. Vom Achtersteven bis zum Ende der Vorschiffskojen sind es Winkelstahlwrangen, davor und dahinter Eiche. Die 27 mm Mahagoni-Beplankung ist mit Bronze geschraubt. Im letzten Winter habe ich alle Stahlwrangen ausgebaut, sandstrahlen und feuerverzinken lassen und nach Farbbeschichtung mit VA-Bolzen wieder eingebaut. Alle Bolzen durch Kiel und die Steven sind nun rostfrei - Bronze und VA.
Man entnimmt dieser Beschreibung eine äußerst kräftige Rumpfbauweise, die sicher auch ein Grund für die sehr glatte Außenhaut ist.
Im Winter 2000/2001 hatte ich das Teakdeck saniert bzw. erneuert (s. Bericht im Mitteilungsblatt).
Das Rigg und der Segelplan sind nicht mehr original. Wir übernahmen das Schiff mit einem Proctor Alumast, der den offenbar zu weichen ursprünglichen Holzmast 1963 ersetzt hatte und hatten schon beim Kauf des Schiffes entschieden, dass es wieder einen Holzmast haben sollte. Weil es sich um eine Konstruktionsklasse handelt, sind die schottischen Westküstenkonstruktionen für unsere (Ostsee-) Verhältnisse eindeutig untertakelt. Das ganze Rigg einschließlich Segeln und Rollanlage wurde also gleich nach Ankunft in Lübeck verkauft und „Feolinn“ startete in die nächste Saison mit einem 2 m längeren Sprucemast, gebaut in Rödby, und neuen Segeln. Die Entscheidung war goldrichtig - sie segelt nicht nur schnell, sondern auch ausgesprochen balanciert und gutmütig.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die 8 CR-Yachten einen wirklich guten Kompromiss zwischen reiner Rennyacht und komfortablem Tourenschiff darstellen.
Daten: Lüa 12,89 m; Lwl 8,35 m; B 3,0 m; T 1,86 m; V 8,6 t; SF 75/98 qm (Fock/Genua)