"Anita" - 12 mR
Text: SKO, Foto: Yachtbild Kai Greiser
Im Jahre 1937 war so etwas wie ein 12er Fieber ausgebrochen. Walter Rau, ein Margarinefabrikant aus Mecklenburg, gab gleichzeitig mit seinem Freund und Segelrivalen John T. Essberger, einem Hamburger Reeder, je eine 12mR Yacht bei der damals schon berühmten Yachtwerft Abeking und Rasmussen in Lemwerder bei Bremen in Auftrag. Im Frühsommer des Jahres 1938, gerade noch rechtzeitig zur Kieler Woche, lief die „ANITA" vom Stapel. Gleichzeitig mit ihr wurde die „INGA" fertiggestellt. Auf der Kieler Woche 1938 segelte „ANITA" gegen „INGA" und den englischen 12er „BLUE MARLIN". Henry Rasmussen berichtet, daß der Engländer wie eine Jolle um die Wendemarken ging, aber die beiden deutschen 12er mit noch unerfahrenen Crews teilweise mit flatternden Segeln an den Bahnmarken standen.
Bei der Kieler Woche 1939 sah es dann schon besser aus. Die „SPHINX", ein weiterer 12er für den Norddeutschen Regatta Verein 1939 bei A&R fertiggestellt, belegte regelmäßig den 1.Platz, „ANITA" und „INGA" wechselten sich beim 2.Platz ab. Im gleichen Jahr segelten dann drei deutsche 12 er („ANITA", „INGA" und „SPHINX") noch eine Regattaserie vor Kopenhagen. Ernst Burmeester baute für sich die "ASHANTI". Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges, im Herbst 1939, war natürlich vorerst mit der Segelei Schluß. „ANITA" wurde auf ihrer Bauwerft in Lemwerder aufgebockt und wartete auf bessere Zeiten.
„INGA" und „SPHINX" segeln heute noch bei der Bundesmarine als „WESTWIND" und „OSTWIND". Die „ASHANTI" verbrannte bei einem Großfeuer auf der Burmester-Werft.
Doch 1962 sollte auch für unsere „ANITA" das richtige Leben losgehen. Wie schon in der Geschichte der Segelkameradschaft gesagt, fanden 1961 Jello Rassau, Alois Kranz und August Schulte auf der A&R-Werft die „ANITA" in ihrem Dornröschenschlaf und kauften sie.
Im Frühjahr 1962 brach eine Jahrhundertsturmflut - es war dieselbe, die halb Holland überflutete - über die Nordseeküste herein, besuchte die Werft und beeinträchtigte die Arbeiten an der „ANITA". Nicht nur die Masten und Spieren versanken im Schlamm, auch in der Kammer schwammen die Segel und das Inventar. Kaum war alles gesäubert und aufgeräumt, brach bei A&R ein Großfeuer aus, doch blieb „ANITA" gottlob verschont. Sie konnte Ende Mai 62 zu Wasser gebracht und von den neuen Eignern übernommen werden. Sie wird anschließend um Skagen herum nach Kiel gesegelt, wo sie ihren ständigen Liegeplatz erhält. Bis 1965 werden mehr oder weniger Familienreisen in der Ostsee gesegelt. Immerhin kommen in den ersten vier Jahren 14 000 sm zusammen mit langsam zunehmender Tendenz.
1965 beginnt eine neue Ära für die „ANITA". Die schon 1961 gegründete Segelkameradschaft Ostsee, die das Schiff bisher von den Eignern gechartert hatte, kauft dank großzügiger Spenden die „ANITA". Die Anzahl der Reisen pro Jahr steigt, und die jährlich gesegelten Meilen werden immer mehr. 1967 wird die Dame „ANITA" zum ersten mal von einer Dame geführt, Margret Schollmayer. 1970 segelt „ANITA" unter Peter Eider von Travemünde rund um Island, zum ersten Mal über den Polarkreis, zurück nach Travemünde. Doch solche Reisen, damals noch als Ausnahme betrachtet, werden bald als etwas völlig Normales empfunden. Die Reiseziele gehen immer weiter, rund um England, zum Nordkap, nach Nordafrika, nach Madeira und zu den Azoren, dann später nach Spitzbergen, nach Grönland und der Bäreninsel. 1992 geht dann „ANITA" zum ersten mal über den großen Teich. Sie sollte zur Segelparade anläßlich des Jubiläumsjahres "500 Jahre Amerika" nach New York segeln. Dieses Unternehmen, das bisher größte in der Geschichte unserer „ANITA", wurde von 7 Skippern der SKO organisiert und durchgeführt. Es waren dies Walter Brand, Peter Eider, Helmut Hecher, Hans Köhler, Ted Palm, Günther Pivl, K.L. Sattler. Die Reise ging von Travemünde, Nord-Ostsee-Kanal, durch Nordsee und englischen Kanal zu den Azoren, dann über die Bermudas nach New York. Nach den Feiern in New York segelte „ANITA" nach Canada, Neufundland, über Grönland und die Faröer nach Schottland. Kurz nach dem Auslaufen aus Aberdeen kam der Mast von oben und somit war die Amerika-Reise beendet. Doch schon im nächsten Jahr stand ein neuer Mast und die alte Dame segelt wieder wie eh und je.
Doch an der alten Dame waren die Zeit und die vielen Meilen nicht spurlos vorübergegangen. Für die Saison 1996 mußte sie auf die Werft. Die Plankenbolzen und einige Planken mußten ausgewechselt werden und sie bekam ein neues Deck. Die Yachtwerft Glückstadt hat hier eine hervorragende Arbeit geleistet.
Zum Ende der Saison 1997 gab es einen spektakulären Unfall. 60 sm nordwestlich von Helgoland fiel ANITA aus einer Monstersee in das Wellental und kenterte. Die Besatzung kam mit dem Schrecken und ein paar Verletzungen davon. Das Deckshaus und ein Teil der Decksausrüstung wurden zertrümmert. Der Besanmast war mehrfach gebrochen. Dank der Sicherung durch SAR und DGzRS kamen wir sicher in den Hafen von Helgoland. Doch im Frühjahr 1998 konnten wir wieder wie gewohnt unser Törn-Programm aufnehmen
1999 wurde, zum ersten mal seit 60 Jahren, wieder ein Rennen der 12er in Deutschland gesegelt. Zur 11. Internationalen Veteranen Regatta vor Laboe traten die alten Rivalen ANITA, WESTWIND (ex Inga), OSTWIND (ex Sphinx) sowie FLICA II und die dänische THEA gegeneinander an. FLICA II belegte den ersten Platz. ANITA wurde Zweite.
Im August 2001 nahm ANITA an den Regatten zu 150 ten Jubiläum des America´s Cup in Cowes teil. Etwa 40 Zwölfer waren hier versammelt. Ein Ereignis, was sich so schnell nicht wiederholen wird. Hierzu das agebuch der Crew
Seit 1962 bis heute wurden auf Schiffen der SKO 382.598 sm (dies ist fast 18 mal um die Erde) ohne ernste Unfälle oder Verletzungen gesegelt, auf der "Anita" 288.797 sm und dies auf einem Schiff ohne Maschine. In den Fahrtenwettbewerben der Kreuzerabteilung wurden an Skipper der SKO 120 Plaketten vergeben. Sie war der erfolgreichste Verein in diesen Wettbewerben. Einer der Juroren der KA schrieb in seiner Laudatio einer ANITA - Reise:
"Hoffenlich bleiben uns solche Schiffe mit diesem Geist noch lange erhalten"