1963: Schotwinschen
Von allen neuen Beschlägen und Einrichtungen haben zweifellos die Schotwinschen die Bedienung vor allem von Rennkielyachten und Seekreuzern am stärksten erleichtert und vereinfacht. Wo keine Winsch an Bord ist, muß der Vorschotmann zum Anholen der Vorschot beim Wenden den genau richtigen Zeitpunkt abpassen, wenn der Wind schon beginnt, die Fock auf die andere Seite rüberzudrücken (so daß sie nicht mehr "back schlagen" kann), sie aber noch nicht ganz gefüllt hat. Wird der Augenblick verpaßt und hat sich eine große Fock bei frischer Brise bereits prall gefüllt, dann reichen die Kräfte eines Vorschotmannes nicht mehr, sie noch richtig dicht zu bekommen. Er kann das erst versuchen, wenn der Steuermann die Yacht kurz in den Wind drehen läßt, so daß der stärkste Druck aus dem Segel herausgeht. Bei modernen Riggs werden die Vorsegel überdies immer größer und reichen immer weiter hinter den Mast, so daß ein Mann die Leeschot ohne Winsch nicht mehr rasch genug bedienen kann. Die Lose der Schot wird zunächst ohne Hilfe der Winsch durchgeholt, die Schot dann rasch ein paarmal um die Winsch gelegt, mit der einen Hand das lose Ende geholt und mit der anderen rasch gekurbelt. Mit der Winsch läßt sich das Segel auch dann dichter holen, wenn der Wind bereits voll ins Segel drückt. Das verführt unerfahrene Vorschotleute leicht dazu, die Vorsegel zu dicht anzuholen, so daß die Segel nicht mehr richtig ziehen. Das Boot "wird angebunden". Gefährlicher ist es, ein für die Windstärke bereits zu großes Segel mit der Winsch so dichtzuholen, daß irgendein Teil der Takelage den übergroßen Druck nicht mehr aushält und bricht. Auf diese Weise kann man mit einer kräftigen, wenig Kraftaufwand erfordernden Winsch unter Umständen sogar den ganzen Mast herunterholen. Was auch tatsächlich schon vorgekommen ist.
Das Angebot an Schotwinschen ist sehr groß. Das verwendete Material reicht von Kunststoff, Nylon, Tufnol und ähnlichen Materialien, bis Leichtmetall, Bronze, Messing und rostfreiem Stahl. Äußerlich unterscheiden sich die Modelle vor allem durch Größe, Gewicht und Anbringungsarten. Die Beschlägefirmen verbessern die Winschen-Modelle ständig und bemühen sich vor allem, nicht nur Winschen mit größerer Arbeitsersparnis zu konstruieren, sondern dafür leichtere und stärkere Materialien, wie seewasserbeständiges Leichtmetall und rostfreien Stahl, zu verwenden. Die Gewichtsersparnis bei Winschen ist nötig, weil die Gewichte ja über der Wasserlinie angebracht werden. Es gibt zwei Hauptarten von Schotwinschen: Durchholewinschen und HebeI- oder Strekkerwinschen. Die Durchholewinschen (Bild2) (auch "Knarrpoller" genannt) werden meistens auf Jollen verwandt und sind gewöhnlich auf dem Schwertkasten oder auf dem Reitbalken (2) angebracht. Die Schot wird ein paarmal um den Winschenkopf gelegt und kann von dem in Luv auf der Bordkante heraushängenden oder im Trapez hängenden Vorschotmann nicht nur leicht gehalten, sondern aufgefiert und durchgeholt werden. Auf dem Schwertkasten angebrachte "Knarrpoller" sind auch für Piratenboote erlaubt. Bedingung ist jedoch, daß sie keinen-Hebel zum Strekken haben. Wichtig ist bei allen Durchholewinschen ebenso wie auch bei den Streckerwinschen, sie so anzubringen, daß die zum Segel führende "feste Part" der Schot die "holende Part" nicht beklemmt ("bekneift"). Oft wird die Winsch wie bei dem FD auf Bild 2 zu niedrig angebracht.
Wie es drinnen aussieht, geht nach dem Text eines Liedes zwar niemandem etwas an, aber bei den Hebelwinschen 6, 7, 10 ist das Innere doch wichtig. Es gibt zwei Haupttypen. Die Schotwinsch mit Bolzenarretierung ist robust und zuverlässig. Durch den größeren Weg von Raste zu Raste erfordert sie jedoch mehr Kraftaufwand. Schotwinschen mit Sperrklinkenarretierung brauchen weniger Kraftaufwand, weil der Weg am Zahnkranz kleiner ist, und erlauben eine feinere Einstellung. Diese Winschen sind jedoch gegen Überbelastung empfindlicher. Für Fahrtenboote wird man also Winschen mit Bolzenarretierung vorziehen. Ob man Winschen mit einsteckbarem oder festem, oben oder unten an der Winschtrommel oder unter Deck angebrachtem Hebel wählt, hängt von den Raumverhältnissen und vom Verwendungszweck ab. Bei oben angebrachten Hebeln muß man die Schot beim Überlegen über die Trommel auch um den Hebel herumnehmen, einsteckbare Hebel müssen in der Nähe gut gehaltert werden. Die Winsch muß möglichst immer höher sitzen als der Holepunkt. Die Anbringung etwa auf dem Kajütdach eines Volksbootes (5) hat seine Vor- und Nachteile. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Belegklampen richtig zur Winsch sitzen wie bei 3, 7, 8, 11. Daß es sich um Vorschotwinschen handelt, heißt übrigens nicht, daß sie wenn sie kräftig genug sind nicht auch für andere Zwecke, etwa beim Verholen oder zum Aufholen der Ankerleine, benutzt werden können. Man führt die Leine dann notfalls über einen irgendwo angebrachten Block zur Winsch. Auf dem für Hochseerennen ausgerüsteten ll-KR-Seekreuzer (8) sind neben der kleinen Vorsegelwinsch nicht nur zwei Belegklampen, sondern auch eine Backen-Schotklemme angebracht, die schnelles Festlegen ermöglicht. Bild 6 zeigt die Vorschotwinsch mit unter Deck angebrachter fester Kurbel auf einem Drachenboot. Die Großschotwinsch mit Kurbel an dem Sockel unterhalb der Großschotschiene (10) befindet sich hier zwar auf einem Volksboot, läßt sich aber ebenso auf anderen Booten mit offener Plicht (Drachen oder Jollenkreuzer) anbringen. 9 zeigt die auf dem Vordeck hinter dem Mast angebrachte Vorschotwinsch mit unterem Streckerhebel auf einem Starboot. Es gibt Vorschotwinschen für Hochseerennyachten für zwei Geschwindigkeiten mit Übersetzung. Dreht man die Kurbel rechts herum, dann läuft sie mit hoher Übersetzung (80:1) schnell. Links herum gedreht läuft sie mit niedriger Übersetzung langsam. Bild 8 zeigt eine schwere Winsch mit zwei verschiedenen Übersetzungen für die Großschot und die großen Vorsegel einer 1.1-KR-Hochseerennyacht. Für die andere Übersetzung wird hier der Hebel umgesteckt. Es gibt auch Winschen, bei denen man durch Reindrücken oder Rausziehen des Hebels den anderen Gang einschaltet. Bild 4 zeigt eine der bisher größten Großschotwinschen für Yachten, eine amerikanische "Coffeegrinder"-(Kaffeemühlen-)Winsch auf einem amerikanischen Hochseekreuzer. Sie kann im Stehen bedient werden. Die verschiedenen Gänge lassen sich durch einen Fußhebel einschalten.Wenn Metall-Winschen wie bei 3, 7 und 11 auf einem Metallsockel angebracht werden, müssen sie sorgfältig gegen Korrosion isoliert werden. Die Winschen müssen auch, etwa durch Gummidichtungen, wasserdicht sein, so daß sie im Innern nicht korrodieren können. Die Anbringung auf Holzsockeln (8) erfordert keine Isolierung. Welche Pflege eine Winsch während der Saison und bei der Frühjahrsüberholung braucht, hängt vom Material und von der Konstruktion ab.
Der Großschotmann eines Dramenbootes hat die Großschot vom Fußblock auf die Vorsegelwinsch an der Luvseite genommen. Das gibt ihm die Möglichkeit, das Großsegel beim Holen und Fieren zu beobachten. Man kann Schotwinschen vielseitig verwenden, muß allerdings darauf achten, daß das zum Segel führende Ende (die "feste Part") tief genug zur Winschentrommel geführt wird, weil sich sonst die beiden Enden ("holende Part" und "feste Part") beklemmen ("bekneifen"). Die hier verwendete Vorschotwinsch ist eine Hebel-Winsch. Der Hebel befindet sich unter der Winsch und unter Deck.