1958: Olympische Einheitsboote (1958)
In der Blütezeit der Sonderklasse, der Binnendreißiger und anderer Konstruktions-Rennklassen gab es Segler, die in jedem Jahr mit einem besseren und schnelleren Neubau starteten. Ältere Segler werden sich noch daran erinnern, mit welcher Begeisterung und welchen großen Hoffnungen die ersten Einheitsklassen begrüßt wurden. Nun hat man endlich „völlig gleiche Waffen für den sportlichen Kampf" der Segler — vor allem für den olympischen Kampf — hieß es. Die Einheitsboote seien ja völlig gleich und man brauche nur noch ein hervorragender Segler zu sein, um damit Regattaerfolge zu haben. Die Eigner von Einheitsbooten könnten ihr Boot, das nicht veralten würde, noch nach zwanzig Jahren erfolgreich in Rennen segeln und würden viel Geld sparen, weil sie nicht dauernd neu zu bauen brauchten. Nun, inzwischen sind wir wesentlich klüger geworden. Sicher stimmten die Olympiajollen, die in einer Serie auf einer einzigen Werft für die Olympiaregatten in Kiel gebaut wurden, ziemlich überein. Groß ist auch die Gleichheit der englischen Fire-Fly-Jollen, den olympischen Einmannbooten von 1948, die ausschließlich von einer einzigen englischen Firma gebaut werden. Im übrigen sind kaum zwei Boote von Einheitsklassen einander gleich. Das gilt besonders auch für die Drachen. Zwar wird die von dem genialen norwegischen Konstrukteur Johann Anker 1929 geschaffene und seither unverändert beibehaltene Rumpfform durch metallene Schablonen bei der Vermessung kontrolliert, aber im übrigen lassen die Toleranzen der Klassenvorschriften der individuellen Gestaltung recht viele Möglichkeiten. Ursprünglich sollten die Toleranzen in den Vorschriften für Einheitsklassen es ermöglichen, daß irgendwo im Lande billige Boote gebaut werden könnten. Die Toleranzen waren eine Konzession an diejenigen Bootsbauer, die gewöhnlich ihre Kunst nur an billigen und derben Fischer- oder Arbeitsbooten erproben und gewohnt sind, dabei mehr oder weniger stark über den Daumen zu peilen. Inzwischen sind die Toleranzen längst zu einem Mittel geworden, auf erlaubte Weise mehr aus einem Einheitsboot herauszuholen. In richtiger Erkenntnis dieser Sachlage hat man bei einer der jüngsten Einheitsklasse, bei den FD's, zwar die Toleranzen für alle Teile, die die Geschwindigkeit wesentlich beeinflussen können, sehr gering gehalten, im übrigen aber für die Gestaltung einen weiten Spielraum gelassen. Der Rennsegler in einer Einheitsklasse braucht, um die richtige Freude an seinem Boot zu haben, die Möglichkeit, es „schneller machen" zu können. Was nun die Drachen angeht, von denen hier zahlreiche Variationen gezeigt werden, so ist in dieser Einheitsklasse schon manches Rennen vor dem Start gewonnen und verloren worden. In England dient die Drachenklasse schon geradezu als Experimentierklasse für neue Ausrüstungen und Beschläge für Kielboote. Man findet auf den Drachen alle möglichen Einrichtungen und Beschläge, die es ermöglichen sollen, die Segel rascher und wirksamer zu bedienen, die Backstage schneller festzusetzen und loszuwerfen. Das besondere Interesse der Drachensegler scheint sich in diesem Jahr auf das Spinnakergeschirr zu konzentrieren. Die modernsten, erfolgreichen Boote haben statt der einen langen Schiene am Mast für den Spinnakerbaumbeschlag entweder ein System kürzerer Schienen oder zwei feste Beschläge zum Einhaken des Spinnakerbaumes. Die Mindestbreite des Decks neben der Pflicht wird gewöhnlich überschritten, damit das Boot bei hartem Wetter hier möglichst wenig Wasser übernimmt. Es wird behauptet, daß die unterschiedliche Ausbildung der Ruderhacke einen Einfluß auf die Geschwindigkeit habe. Wesentlich beim Drachen ist auf jeden Fall die Maststellung. Die Stellung des Mastes in der Längsrichtung ist in Deck und Kielschwein freigestellt, sie darf nur während der Wettfahrt nicht verändert werden. Vorgeschrieben ist aber, daß das Mastloch im Deck nicht mehr als 10 mm Luft um den Mast herum haben darf. Diese Vorschrift scheint verschieden ausgelegt zu werden. Jedenfalls betrachten einige Eigner versetzbare Keile nicht als "Luft". Das Bestreben geht dahin, den Mast weiter als im Riß vorgesehen nach vorn zu setzen, um bessere Schwerwettereigenschaften zu bekommen und das Mastgewicht näher an den Bug heranzubringen. Jedenfalls kann eine geschickte Werft aus den in den Klassenvorschriften enthaltenen Toleranzen eine Menge herausholen und schnellere Boote bauen.
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1-4. Verschiedene Formen der Kajütkappe, der Flieht, verschiedene Breiten des seitlichen Decks und verschiedene Mastdurchführungen durch das Deck. Auf dem österreichischen Drachen „Marisa" (3.) ist auf dem Vordeck ein Netz gespannt. Strecker und Fallen sind über die Kajütkappe geführt.
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5-8. Ein paar Kleinigkeiten. 5. die mit einer kleinen Gummikappe abgedichtete Wantdurchführung, daneben (6.) die völlig offene Wantdurchführung auf „Blue Bottle". 7. Backstagschiene und Backstagrutscher auf einem italienischen Drachen. 8. Schotwinsch auf „Blue Bottle".
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9-12. Verschiedene Formen des Vorluks für den Spinnaker, das. immer noch recht beliebt ist, obgleich die erfolgreicheren Boote der Klasse es nicht haben. Vorgeschrieben ist, daß der Lukendeckel an einer Stelle ständig befestigt ist. Gewöhnlich befindet sich unter dem Luk ein wasserdichter Kasten, manchmal mit einem verschließbaren Zugang unter Deck.
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13-16. Verschiedene Formen der Mastdurchführung. 13. Genau nach Vorschrift. Das Mastloch im Deck darf nicht mehr als 10 mm Luft um den Mast herum haben. 14. Mastdurchführung und Durchführung der Fallen auf „Blue Bottle". 15. und 16. Auf diesen in Dänemark gebauten italienischen Drachen ist die Vorschrift großzügiger ausgelegt. Ungewöhnlich ist bei 16. das kleine Oberlicht unmittelbar hinter dem Mast.
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17-18. Verschiedene Formen der Ruderhacke. 17. Auf diesem in Dänemark gebauten italienischen Drachen („Aretusa") ist der Ballastkiel an der Ruderhacke verjüngt. 18. Ein in Deutschland gebauter Drache mit der normalen Ausführung der Ruderhacke. Das Stück zwischen Unterkante Kiel und Ansatz der Ruderflosse ist wesentlich größer. Die Vorschriften gestatten eine über- oder Unterschreitung des Kielgewichtes (1000 kg) um 10 kg.
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19-22. Verschiedene Formen des Luks vor dem Mast für den Spinnaker. Die lichte Öffnung darf nach keiner Seite größer als 508 mm sein. Auf dem ersten Drachen von links befindet sich eine Klampe auf dem anscheinend nicht mehr benutzten Luk. Die Undichtigkeit wird mit Leukoplast-Streifen bekämpft. Auch ein Schiebeluk ist nach den Vorschriften möglich.
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23-26. Verschiedene Formen der Plicht, der Großschotführung und der Großschotschiene und des Fußbodenbelages. Auf dem oberen Drachen befindet sich vor der Großschotschiene die Schotwinsch. Hier wird auch ein Leitwagen auf dem Achterdeck benutzt.