1955: Dies und Das
Es ist interessant und auch amüsant, einmal die letzten fünfzig Jahre zurückzublättern und nachzulesen, welche Probleme die Segler zu Beginn der Segelsaison 1905 bewegten. Wir lesen da in der "Yacht": "Als aktuell auf segelsportlichem Gebiet dürfte momentan die Meßformelfrage angesprochen werden können, die ja von jeher das Schmerzenskind der edlen Segelei gewesen ist und es wohl auch in alle Zukunft bleiben wird. Es wird darauf hingewiesen, daß sich in Frankreich Stimmen für die Formel des New Yorker Yacht-Clubs gefunden haben bzw. Abschwächungen oder Änderungen derselben vorschlagen. Auch in England und Dänemark findet sich Stimmung für ein internationales Meßverfahren. Wir wollen an dieser Stelle nicht auf die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit dieses oder jenes Meßverfahrens an sich eingehen, möchten aber nicht verhehlen, daß wir unsererseits kaum an die Möglichkeit glauben, daß irgendein Land eine bestehende Meßformel zugunsten eines anderen, sei es auch mit einigen Konzessionen, ändern wird, daß vielmehr für die internationale Regelung dieser Frage eine absolut neue Form wird gefunden werden müssen. Unserer Ansicht nach sollte nun aber ein Meßverfahren überhaupt keine Typen ,züchten', sondern lediglich das Bestreben haben, unter einer Anzahl verschieden großer und verschieden besegelter Fahrzeuge einen Ausgleich durch entsprechende Vergütung zu schaffen." - Aus Cannes meldet ein Originalbericht: "Die Mittelmeerregatten sind nicht mehr, was sie früher waren - das muß auch ihr Bewunderer zugeben -, aber trotz der Konkurrenz des Motors hat das Segel immer noch seine begeisterten Anhänger und Freunde, die dafür sorgen, daß die Regatten immer noch auf den Programmen der Wasserwettkämpfe an der Riviera Platz finden. Die regelmäßigen Gäste erinnern sich der aufregenden Kämpfe zwischen ,Esterel' und ,Gloria', ,Britania', ,Ailsa' und ,Satanita', indes, diese Zeiten liegen schon weit zurück, und solche imposanten Segeljachten kommen nicht mehr oder doch nur selten in unsere Gewässer. Die Sorge der Konstrukteure, der Geschmack und last not least die allbeherrschende Mode haben sich jetzt den Petroleumbooten zugewandt; aber das Segel existiert doch immer noch, und es verschafft uns den Genuß interessanter Rennen."
Ein reiner Sperrholz-Jollenkreuzer wurde von der Hamburger Bootswerft Dornheim gebaut. Zum Unterschied von dem in Heft 23/1954 veröffentlichten 17,50 m2 Jollenkreuzer von Reg.-Baumeister W. Schäfer ist dieser ebenfalls mit 17,50 m2 besegelte Jollenkreuzer eine reine Knickspant-Konstruktion. Wie die Aufnahmen erkennen lassen, hat das Boot eine ausgesprochen elegant wirkende Gleiterform, der auch der Kajütaufbau angepaßt ist.
Die interessante Sperrholz-Konstruktion des 17,50 m2 Jollenkreuzers zeigen diese Aufnahmen. Der Blick in die Kajüte (oben), die noch nicht voll ausgebaut ist, läßt den Schwertkasten mit dem ungewöhnlich breiten Schwertkastenschlitz erkennen, der das lange schmale hölzerne Profilschwert aufnehmen soll. Das äußere Ende des Vorschiffes ist abgeschottet und bildet einen luftdichten Sicherheitsraum. Da die äußerste Vorpiek doch schlecht auszunutzen wäre, geht hierdurch kein wertvoller Stauraum verloren. Man erkennt vor dem Schwertkasten das Sperrholz-Rahmenspant und die Nahtleisten in der Kimm. - Die beiden anderen Bilder zeigen die Plicht. Der Stauraum achtern ist durch eine Öffnung im Querschott zugänglich. Der auf beiden Bildern erkennbare Plichtboden ist nicht die Außenhaut des Bootes, die noch eine Gräting bekommen wird, sondern ein luftdicht eingezogener Boden, zwischen dem und der Außenhaut sich unter der ganzen Plicht der hintere Sicherheitsraum befindet. Das Boot besitzt Sicherheitsräume von insgesamt 600 l. Auf dem unteren Bild erkennt man, daß die Nahtleiste geschäftet ist. Das Kniestück ist nicht aus Vollholz, sondern ebenfalls aus Sperrholz. - Das rechte Bild zeigt die Steuerbordseile des Spiegels und ein kleines Stück der Stbd.-Außenhaut. Die Außenhaut des 7 m langen Bootes (Länge CWL 5,90 m) muß geschäftet werden, da die Länge der lieferbaren Platten begrenzt ist. Die eine Schäftstelle, die etwa 10 cm von der Spiegelkante entfernt ist, kann nur bei genauem Hinsehen erkannt werden.
Eine typische schwedische Motorjacht, wie sie in unzähligen Variationen und Größen ohne Veränderung des Grund-Typs die schwedischen Schären bevölkern, zeigen die beiden Aufnahmen. Die geräumige Mittelplicht zwischen der Vor- und Achterkajüte läßt sich mit Persennings völlig dicht abschließen. Die großen Fenster seitlich des Steuerstandes sorgen dafür, daß der Rudergänger auch nach den Seiten noch Sicht hat. Andererseits wurde auf ein festes Dach über dem Steuerstand verzichtet, so daß man sich hier, wenn das Persenning weggenommen ist, hochstellen kann, um bessere Sicht zu haben. Das kleine leichte Dingi hat die Jacht gewissermaßen auf den Buckel genommen, es steht auf einer Halterung aufrecht auf der Achterkajüte. Die Formen des etwas ausladenden Vorschiffes und des Spitzgatt-Hecks lassen gute See-Eigenschaften vermuten.
Auf kleineren Fahrtenbooten kommt es darauf an, die Plicht im Hafen bei gutem und schlechtem Wetter möglichst auch als zusätzlichen Wohnraum benutzen zu können. Kajütboote mit nicht selbstlenzender wasserdichter Plicht müssen sie durch ein Persenning schützen. Das linke Bild zeigt ein in den nordischen Ländern auf kleinen Kajütbooten mit offener Plicht übliches Persenning, das im Hafen einen kleinen zusätzlichen Wohnraum schafft. Zwar sieht dieser hohe Persenning-Aufbau nicht immer gerade schön aus, aber daß darunter volle Stehhöhe vorhanden ist, ist auch nicht zu verachten. Auf der Jacht rechts hat man sich mit einem Sonnen- und Regendach mil steifen Latten ohne Seitenwände über der selbstlenzenden Plicht begnügt und zum seitlichen Schutz ein Persenning an der Seereling angebracht.
Einen Treibanker, der stärkste Beanspruchungen ausgehalten hat und sich auf kleinstem Raum zusammenlegen läßt, zeigt das obere Bild. Die Form ist fallschirmartig. Links ist die erforderliche kleine Öffnung und daran eine Kausch, an der die Leine zum Beiholen angeschlagen wird. Die offene Seite wird von 7 Tampen gehalten, die in einer Kausch zusammenlaufen. Als Material wurde ganz schweres Segeltuch verwandt. - Das untere Bild zeigt einen praktischen Schutz gegen das Schamfielen von Enden an Lippklampen. Die beiden Manila-Festmacher zum Brückensteg sind durch eine Schutzhülle von Weißgummi gezogen. Gewöhnlich werden Festmacher an den Lippklampen mit Lappen umwickelt, um besonders, wenn das Boot an Stegen in stark bewegtem Wasser liegt, das rasche Durchscheuern zu verhindern. Diese Lappen werden schnell unansehnlich und sind auch nicht so rasch wieder zu entfernen wie die Gummi-Hülle.
Um ein Ruder festzusetzen, wenn das Boot selbst steuern soll, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Auf den nebenstehend gezeigten Booten wurde auf einen Bügel ein kleiner Zahnkranz aufgesetzt, in den man eine kleine, unten an der Ruderpinne befestigte Metallzunge hineindrücken kann. Es ist sehr praktisch, wenn man die Möglichkeit hat, das Ruder für einen kurzen Augenblick, wenn man es einmal aus der Hand geben muß, oder auch für längere Zeit festzusetzen. Allerdings ist die hier gezeigte Form nicht die zweckmäßigste, weil man die Pinne immer erst etwas anheben muß, damit sie über dem Bügel klarfährt. Praktischer ist ein kleiner Bügel, der sich niederlegen läßt und mit einem Handgriff zum Festsetzen hochgeklappt werden kann. Der Zahnkranz braucht keineswegs so lang zu sein wie auf dem rechten Bild. Die Länge auf der linken Jacht reicht vollkommen. Auf der "Seejungfrau" wurde die Ruderpinne mit einem etwa 6 cm breiten, rechteckigen und oben mit Zähnen versehenen Bügel aus Messingblech festgesetzt. Der Bügel war in der Mitte des hinteren Querstücks des Waschbordes, und zwar an der Innenseite, klappbar angebracht.