Seetüchtig und schnell: KR-Yachten im Wandel der Zeit
Nach Ende des ersten Weltkriegs war jede Entwicklung im Yachtsport zum Erliegen gekommen. In Deutschland herrschte Inflation, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme waren nicht gelöst. Der kaiserliche Segelsport als Zeitvertreib von Aristokraten und Finanzmagnaten war Vergangenheit.
Ab Mitte der zwanziger Jahre wurden von finanzkräftigen Seglern, die aufs Meer hinaus wollten und nicht die Dreieckssegelei bevorzugten, seetüchtige Fahrtenyachten, Kreuzeryachten gesucht. Die Fahrtenboote nach dem Vermessungssystem von 1911, die “Nationalen Kreuzer”, boten keine brauchbare Lösung. Der als Butenschiff geschaffene 75qm Kreuzer galt bestenfalls als küstentauglich. Die 125er Nationalen hatten sich für Seefahrten als extrem übertakelt herausgestellt und 250qm Nationale existierten aus ähnlichen Gründen lediglich auf dem Papier.
Die Frage war: Wie konnte der zukünftige Bau von vernünftigen und seetüchtigen Booten am besten geregelt werden?
Der Seglertag des DSV(b) 1927 sollte durch einen bindenden Beschluss über das in Zukunft gültige Messverfahren die Entscheidung bringen. 1930 würde das alte Klassensystem der Nationalen Kreuzerklassen auslaufen und der Potsdamer Yacht-Club hatte dringend gefordert, bereits frühzeitig über das Folgemessverfahren zu entscheiden, damit interessierte Eigner schon im voraus entsprechende Yachten in Auftrag geben könnten.
Einig war man sich darüber, dass die seit 1911 gültige Trennung in Kreuzer- und Rennklassen beibehalten werden musste. Ob man die künftigen Kreuzerklassen jedoch wie bisher nach dem Grenzmaßverfahren, das für die Klassenboote Maximal- bzw. untere Grenzwerte festlegte, oder nach der rechnerischen KR-Formel vermessen sollte, darüber war ein heftiger Disput entstanden.
Der Hintergrund: Seeregatten stießen auf zunehmendes Interesse. International, aber auch national. Bermuda Race, Fastnet, Nordseewoche.
“Wir müssen hinaus auf die Nord- und Ostsee,” - heißt es in der Yacht 1926 - “um Mannschaften auszubilden und Schiffsmaterial zu erproben. Von diesem Gesichtspunkt aus ist für die Nordseewoche für das Jahr 1927 schon jetzt ins Auge gefaßt, eine Seewettfahrt für die größeren Yachten auszuschreiben mit Kurs Helgoland um Norderney-Feuerschiff nach Feuerschiff Elbe I und dann zurück nach Helgoland.”
Die Yachten, die zu den Seeregatten gemeldet werden, sind sehr unterschiedlich, aber allesamt stattliche Fahrtenschiffe.
Beim ersten Fastnet Race 1925 waren übrigens unter den Konkurrenten als einzige richtige Yachten ein schlanker Kutter von Nicholson und ein Spitzgatter von Shepard. Die Siegerin unter den sieben Startern, die berühmte “Jolie Brise”, war ein Lotsenkutter von Le Havre.
So unterschiedlich die Yachten aber auch waren, das Regattieren mit ihnen in Seeregatten war viel aufregender, als wenn man nur Runden mit reinen Rennyachten im Wasser zog. Das Vergnügungssegeln ging aufs Meer hinaus.
In England war es die RORC-Formel, in USA die CCA-Formel, die das Geschwindigkeitspotential einer Kreuzeryacht bei diesen Seeregatten bestimmen und mit anderen vergleichen sollte. Die Formeln hatten dabei nicht nur ein gerechtes Ausgleichssystem zum Ziel, sie sollten auch den Bau von “vernünftigen und seetüchtige” Booten durch entsprechende mathematische Regelungen begünstigen.
Würde sich analog auf dem Seglertag 1927 die KR-Formel als Bauformel durchsetzen?
Seglertag 1927
Grenzbestimmungen oder Kreuzerformel? “Seefahrtkreuzer” oder “KR”? - vor diese Frage sah sich der Seglertag gestellt.
Der Norddeutsche Regatta-Verein verlangte gemeinsam mit dem Kaiserlichen Yacht-Club solide gebaute, seetüchtige Kreuzerklassen nach der KR-Formel, die ja die wichtigsten Rumpf- und Riggmaße rechnerisch in Zusammenhang setzte. Die Formelvariante von 1927 lautete:
Das mathematische Ergebnis der Formel ergab eine Vermessungsgröße in m-K.R. Zusätzlich sollte die Formel durch einschränkende Grenzmaße ergänzt werden. Dieser Forderung hatten sich weitere Seevereine angeschlossen.
Neu war, dass mit dieser KR-Formel zum ersten Mal bei einer Verbandsklasse mehrmastige Riggtypen durch eine deutliche Takelungsvergütung gefördert werden sollten. Da das Verhältnis des Großsegels zur Gesamtsegelfläche als Hauptcharakteristikum der unterschiedlichen Takelungstypen anzusehen ist, setzte man die Fläche des Großsegels zur Gesamtsegelfläche der Yacht ins Verhältnis und errechnete hieraus den Vergütungsfaktor. Bei einer normalen Slup, deren Großsegel etwa 80% der Gesamtsegelfläche ausmachte, war die Vergütung gleich null. Für Yawls, Ketschen und Schoner mit relativen Großsegelflächen von 60%, 50%, 40% ergaben sich Tuchvergütungen von mehreren Prozent.
Die KR-Formel von 1927 sah seetaugliche Kielyachten in den Dimensionen 17, 13, 11, 10, 9, 8 und 7 m-KR für Besatzungsgrößen von 12 bis 4 Personen vor. Die Segelflächen-Vorstellungen reichten von 40 qm bei der kleinsten 7 KR-Yacht bis zu 250 qm beim großen 17 KR-Schiff. (“Yacht”, 1927, 37)
Die Konstrukteure Rasmussen, Heldt und Franke veröffentlichten entsprechende Entwürfe.
Gegen diese KR-Formel standen die Vorstellungen der Siebener-Kommission, eines vom DSVb eingesetzten Ausschusses aus führenden Konstrukteuren. Der Ausschuss forderte für die neuen Seefahrtkreuzerklassen, wie auch für sämtliche übrigen Verbandsklassen einhellig Grenzmaßbestimmungen. Nach Meinung des Ausschusses unter Vorsitz von H. Wustrau erzeugt jede Rechenformel, wie u.a. auch die internationale Meter-Formel gezeigt hätte, eine einheitliche Schiffsform, und nicht, wie eigentlich gewünscht, Yachten, die sich entsprechend den unterschiedlichen Wünschen der Eigner voneinander unterschieden.
Zurück zu den Meinungsverschiedenheiten auf dem Seglertag 1927:
Die vom DSVb-Vorstand befürchtete Rede- und Abstimmungskonflikt zwischen den kontroversen Lagern der KR-Formelanhänger und den Befürwortern einer Grenzmaßformel hielt sich in Grenzen. Der Sprecher der Hamburger KR-Verfechter Erich F. Laeisz, damals Deutschlands größter Windjammerreeder, erklärte sich bereit, dem Siebenervorschlag zuzustimmen, falls man einige seiner Forderungen mit in die neue Vermessung aufnehmen würde. Hierunter waren die von den KR-Befürwortern geforderte Takelage-vergütung bei Zweimastern und die Festlegung der Segelhöhe. Die Delegierten stimmten für die Grenzmaßbestimmungen. Das neue Messverfahren trat zum 1. Januar 1928 in Kraft, die Seefahrtkreuzerklassen wurden geboren.
Praktisch hieß das:
Die KR-Formel mit einer freieren Formgebung der Yachten und einer besseren Anpassung an die Anforderungen der verschiedenen Segelreviere und an die Wünsche der Segler kommt für künftige Neubauten in der Seekreuzerklasse nicht in Anwendung.
Trotzdem wird die KR-Formel weiterhin als Notbehelf für die Wertung klassenloser Fahrzeuge benutzt werden, um das sehr umfangreiche Material an klassenlosen Kreuzeryachten so zu rubrizieren, dass sie bei vernünftiger Vergütung miteinander segeln können. 1932 wird sie auch offiziell nationale Formel des DSVb für die Ausgleicherbewertung.
International sollten die auf dem Seglertag 1927 beschlossenen Seefahrtkreuzerklassen des DSVb keine Rolle spielen, die RORC- und CCA-Formel wurde zum Maß der Yachtentwicklung in den Seeregatten, besonders in einer ganz speziellen Form des Seesegelns, dem Hochseerennsegeln.
Der Hochseesegelsport entwickelt sich
Sicher, der internationale Segelsport war fest in anglo-amerikanischer Hand und bis auf wenige Ausnahmen trugen Briten und Amerikaner die international ausgeschriebenen Rennen unter sich aus.
Dr. Frank, “Yacht”-Reporter, beklagte sich 1935:
“Die deutsche Seglerwelt hat sich aus - zugegeben - entschuldbaren Gründen bis in die jüngste Gegenwart dem Ozean ferngehalten und im wesentlichen auf der Ostsee und den deutschen Binnengewässern eine Betriebsamkeit entfaltet, deren nationale und internationale Erfolge ihre Berechtigung beweisen.”
Und weiter: “Ein einziges Mal hat ein vor 30 Jahren vom letzten deutschen Kaiser gegebener Preis für ein Rennen von Amerika nach England ein deutsches Schiff veranlaßt, in den Wettbewerb einzutreten, die “Hamburg” einen Schuner des Vereins Seefahrt in Hamburg, der damals einen zweiten Platz belegte. Danach ist die deutsche Flagge bis zum Jahre 1935 in transatlantischen Regatten nicht mehr gezeigt worden, und während die Welt staunend auf deutsche Schiffbauwunder wie die “Potosi”, die “Preußen” und viel andere große deutsche Schnellfrachtsegler blickte, blieben Amerikaner und Engländer im wesentlichen wieder unter sich, wenn sie “aus purer Sinnenlust” ihre atlantischen Regatten abhielten - und die Deutschen zu Haus.”
Es ginge, so Dr. Frank, darum klarzustellen, “welche Bedeutung der Ozeansegelsport für die deutschen Segler hat und welche Wege zu beschreiten, bzw. be-schritten sind, uns im Hochseesegeln an die Stelle zu bringen, die Deutschlands Stellung unter den Völkern der Welt entspricht.” (“Yacht”, 1935, 47)
In diesem Sinne war die Atlantikregatta 1936 Bermuda-Cuxhaven aus Nazi-Sicht wichtig und richtig. Schiffe der Seefahrtkreuzerklassen waren es nicht, die zur Atlantikregatta antraten. Alle deutschen Teilnahmer waren für die Vermessung in den internationalen Formeln CCA und RORC konstruiert worden.
Zahlreiche Aufsätze finden sich in der “Yacht” jener Jahre zum Thema RORC und zum Vergleich RORC- und See-fahrtkreuzer-Yachten. So äußerte sich Dr. Perlia, Skipper der “Roland von Bremen”, mehrfach pro RORC-Formel.
Yawl “Roland von Bremen”, L.ü.A. 18 m.
Gezeichnet von Stevens-Mitarbeiter Henry Gruber 1935. Erster Preis in der Transatlantik Regatta 1936 Bermuda Cuxhaven. Nach RORC, CCA und KR vermessen. “Roland” erinnert stark an die “Stormy Weather”.
“Stormy Weather”, Konstrukteur Olin Stevens, 1934, Länge 16,42 m, LWL 12,08 m, Breite 3,81 m, Verdrängung 20 t, die Segelfläche 120 qm, war d i e innovative Konstruktion der 30er Jahre - wie auch die englische “Ortac” von Robert Clark, ebenfalls 1934.
Die “Stormy Weather” war weniger breit als die klassische amerikanische Yacht, aber entschieden breiter als das englische Modell. Ein mustergültiger Kompromiss zwischen beiden Schulen.
Rasmussen konstruierte 1937 die “Störtebeker III” für Schlimbachs Einhandüberquerung des Atlantik. Der Riss zeigt Ähnlichkeiten mit “Roland”. Die hier gezeigte “Piraya” ist ein 1949 entstandener Nachbau, sie wurde als erste 7 KR-Yacht 1949 vermessen, Segelnummer 7-1. Sie segelte unter KR z.B. die Nordseewoche, unter RORC-Vermessung die Zubringerregatten nach Visby und nach RORC und der schwedischen SHR Gotland Rund...
Seglertagung 1949
Die Frage an den “Seglertag” des DSVb von 1927 stand 1948/49 wieder auf der Tagesordnung des organisierten Segelsports: Fortführung der Seefahrtkreuzerklassen oder KR-Formel als Bauformel für die Kreuzeryachten. Muss natürlich heißen: Die Frage stand ganz, ganz unten auf der gesellschaftlichen Tagesordnung. Europa erholte sich nur mühsam von den Auswirkungen des 2. Weltkriegs. Deutschland war geteilt worden und hatte genug mit dem Wiederaufbau zu tun, als an die Fertigung von Booten zu denken, deren Größe in jedem Fall von den Alliierten zunächst auf 5,5 m Länge begrenzt worden war. Die Nachkriegsjahre hatten die Freizeitschifffahrt in den Hintergrund gerückt.
Die Situation war aber günstig, könnte man sagen, um ein neues Klassen- und Vermessungssystem einzuführen.
Miglitsch in einer Rückschau:
“Krieg und Beschlagnahme haben die großen Klassenflotten zum größten Teil zerstört und aufgelöst. Es waren schöne, imposante Yachten, und lange Zeit haben wir ihnen nachgeweint. Heute wissen wir aber, daß ein Gutes dabei war: Wie hätten wir der fortschreitenden Entwicklung im Yachtbau folgen können mit dieser gestrigen Flotte und dem starren Meßverfahren am Halse, das keine einschneidenden entwicklungsbedingten Änderungen vertrug, ohne die vorhandenen großen Klassenfelder zu entwerten? Ein Klassensystem mit einheitlichem Yachtmaterial, wie es bei den Bestimmungen für die Seefahrtklassen erstrebt wurde, reicht nur für eine bestimmte, relativ kurze Zeit aus, so lange bis Fortschritt und Entwicklung, der es nicht - oder nicht ausreichend - folgen kann, das System ins Fiasko führt.”
(“Yacht”, 1961, 16)
Auf der “Seglertagung” 1949 in Lübeck wurde die von Henry Rasmussen neu überarbeitete KR-Formel - die der RORC-Rule in vielem angenähert war - statt der bisherigen Grenzmaßvermessung als nationale Ausgleichs- und Bauformel für Seeschiffe angenommen. Gemäß Harry Wustrau hatten sich jetzt die Konstrukteure wieder durchgesetzt.
Anmerkung: Die Anfangszeit der KR-Formel ist auch die Geburtsstunde der Seefahrtkreuzerklassen. Klaus Kramer hat im Mitgliederblatt des "Freundeskreises klassischer Yachten" 3/95 diese Jahre ausführlich beschrieben, insbesondere auch den Verlauf des Seglertages 1927: Seetüchtig, wohnlich, schnell - Seefahrtkreuzer”. Nachlesen!
KR-Formel 1948
Eine Erläuterung von Schiffbau-Ing. F. Barthel im DSV-Jahrbuch 1952:
Yachten sind in den KR-Klassen untergebracht und werden dort innerhalb ihrer Größenklasse ohne jeden Zeitausgleich gestartet.
Der Haken dabei: Die Vermessungsbestimmung besagt, daß die Vermessungsergebnisse auf zwei Stellen gerechnet und auf eine abgerundet, maßgeblich für die Einstufung in die Klasse sind, und zwar wie folgt: rechnerischer Wert: 5.00 = 5 KR, 5,04 = 5 KR, 5,05-5,1 = 5,5 KR.
Man wird sich also bei der Planung einer Jacht von vornherein auf eine bestimmte KR-Klasse einstellen. Die Abmessungen der zu erbauenden Jacht müssen so festgelegt sein, daß bei der späteren Vermessung ein “optimaler KR-Wert” herauskommt.
Die Skizze zeigt die Maße, die für die Errechnung des KR-Wertes verbindlich sind und vom Vermesser nach Fertigstellung des Neubaus von Bord genommen werden und in den Meßbrief eingehen. In der Neufassung von 1948 lautet die Formel:
Hierin bedeuten: L = Länge in einer besonders festgelegten Vermessungsebene, die 4 % der Wasserlinienlänge über derselben liegt, - S = vermessene Segelfläche in m2 - D = Deplacement oder Verdrängung des Bootes nach der Konstruktion in m3 - B = Breite entsprechend der Länge in der gleichen Ebene gemessen in m - F = Vermessungsfreibord, beträgt % der Summe der Freiborde hinten, vorn und auf 45 % der Wasserlinienlänge von hinten in m.
Hat man also an Hand einer Zeichnung alle diese entsprechenden Daten zur Hand, so kann sehr schnell der KR-Wert ermittelt werden. Doch ohne die Vermessungsbestimmungen geht es nicht immer, weil es bei Über- oder auch Unterschreiten gewisser Grenzwerte Belastungen und Vergütungen gibt. Um einen “optimalen Wert” zu erreichen, kann man sich zunächst damit behelfen einen Entwurf auf Rennwert zu rechnen, um dann entsprechend den Erfordernissen Verbesserungen durchzuführen. In diesem Verfahren liegt aber der Nachteil, daß man während des Annäherns mehr oder weniger die beabsichtigten Verhältniswerte, die meist von gebauten und bewährten Schiffen zugrunde gelegt werden, verändert.
Um die Veränderungen in ihrer Auswirkung zu übersehen, ist es notwendig, die Formel etwas näher zu betrachten. Wir müssen das tun, auch wenn es vielleicht nach Mathematik aussieht und offenbar auch ohnehin “graue Theorie” ist - aber etwas Geduld dabei, das Ergebnis verspricht interessant zu sein!
Als erstes ist der große Bruchstrich mit den darüberstehenden Vermessungswerten zu betrachten. Wichtig ist zu erkennen, daß alle diese Werte in der Dimension Meter gehalten sind, das heißt, sie haben eine einheitliche Größenordnung in der Dimension - ein anderer Vergleich ist für eine derartige Formel mathematisch gesehen auch nicht denkbar. Man darf nicht Meter und Quadratmeter oder Kubikmeter beliebig zusammenbringen. So ist L = m; die Wurzel der Segelfläche = und auch die Kubikwurzel aus der Verdrängung = m.
Länge und Segelfläche werden addiert. Große Segelfläche und große Länge, für die Geschwindigkeit einer Jacht entscheidende Faktoren, ergeben hohen Rennwert, Deplacement, Breite und Freibord werden addiert und dann von der Summe Segeifläche und Länge subtrahiert.
Je größer die Summe dieser Werte ist, je kleiner kann der KR-Wert werden. Zu erreichen ist dieses durch: a) ein völliges Schiff, b) ein brei-tes Schiff, c) ein hochbordiges Schiff.
Alle diese drei Faktoren wirken sich nach oben immer auf die Geschwindigkeit nachteilig aus. Dieses erhellt für a) und b) ohne weiteres, und für c) ist es doch so, daß ein großer Freibord eine Verbesserung der Formstabilität bedeutet, was für das Seeverhalten von großem Wert ist. Genauer gesehen ist aber nur der Stabilitätsumfang besser geworden, da das Seitendeck erst später zu Wasser kommt. Eine Jacht segelt aber schneller, je gerader sie auf dem Kiel läuft - hierfür braucht man eine gute Anfangsstabilität - diese kommt aber im wesentlichen aus der Gewichtsstabilität. Hoher Freibord bedeutet aber höher liegende Gewichte für Deck, Aufbauten, Masten usw. damit also eine Verschlechterung der Gewichts- und damit auch der Anfangsstabilität für den Bereich kleiner Neigungen. Die Jacht kommt schneller auf Lage auf Kosten der Geschwindigkeit.
Die sich aus dem ersten Teil ergebende Summe wird durch 1,4 m dividiert. Die amtliche Fassung der heutigen KR-Formel enthält eigenartigerweise nicht die Dimension “Meter” hinter dem Divisor. Diese ist aber unbedingt notwendig, denn der weitere Teil der Formel ist auch dimensionslos. Auch rein vorstellungsmäßig ist ein KR-Wert in Meter nicht denkbar, denn unter Meter hat man doch die Vorstellung eines Längenmaßes.
Der zweite Teil der Formel enthält einen Bruch aus der Wurzel der Segelfläche und der 3. Wurzel der Verdrängung. Dieser Wert wird um 4,1 vermindert und mit 0,7 multipliziert. Dieser Faktor Wurzel aus S / 3. Wurzel ausD stellt für den Segeljachtbau einen besonders wichtigen Verhältniswert dar und ist ein Ausdruck für die Größe der Segelfläche zur Größe der Jacht. In heute nur noch sehr seltenen Fällen wird dieser Wert bei Kielschwert- und Kieljachten 4,1 überschrei-ten. Das bedeutet, daß in den meisten Fällen die aus diesem Formelteil herauskommende Zahl negativ ist und deshalb einen Abzug vom Rennwert bringt. Jachten mit verhältnismäßig wenig Segelfläche, also untertakelte Fahrzeuge, können hier eine Verkleinerung ihres Renn-wertes erreichen, aber wiederum geht es auf Kosten der Geschwindigkeit.
Die beiden weiteren Abzüge Mo (Motor) und Ba (Ballast) sind von den jeweiligen konstruktiven Gegebenheiten her ebenfalls bei Konstruktionsbeginn schon bekannt und können ebenfalls schon von vornherein in den Renn-wert mit hineingerechnet werden. Mo bedeutet der Abzug von 3 bzw. 1% des Rennwertes je nach Art des Propellers bei Hilfsantrieben, und Ba ist ein Abzug von 2 % für den Ballast, wenn dieser nicht aus Blei besteht.
Zusammengefaßt sind es fünf Faktoren, von denen die Größe des KR-Wertes als absolute Zahl abhängig ist. Und hierin liegt die Grundlage für eine Unzahl von verschiedenen Möglichkeiten, auch selbst dann, wenn man sich zum Ziel setzt, einen “optimalen KR-Wert” zu bekommen.
Klassen und Gruppen
Die Einführung der KR-Formel - gedacht als nationale Ausgleichsformel für Segelyachten verschiedener Typen und Konstruktion - wurde verbunden mit einem Klassensystem, dem KR-Klassensystem.
Die Ausgleichsformel mußte so gleichzeitig bei Schaffung der Klasseneinteilung die Aufgabe einer Bauformel erfüllen.
Auf dem Seglertag 1952 werden die KR-Klassen als Konstruktionsklassen eingeführt und 1953 in Bremen werden zusätzlich die 4,5, 5, 5,5, 7,5, 8,5 und 9,5 KR-Klasse anerkannt.
Neben den KR-Klassen gab es noch die KR-Gruppen.
a) KR-Klassen von 4 bis 12 KR innerhalb der nationalen Klassen des DSV, zu denen alle nach dem 1. Dezember 1948 begonnenen Neubauten gehören,
b) KR-Gruppen von III bis XVIII KR in der Gruppe der Ausgleichsyachten, zu denen alle älteren Yachten vor Baujahr 1948 gehören.
Übergangsmöglichkeiten bestehen in folgender Form:
1) Ältere Yachten können auf Antrag an Stelle einer Einstufung in eine KR-Gruppe auch in eine KR -Klasse aufgenommen werden.
2) Liegen für eine Klasse nicht genügend Meldungen vor, so kann mit einem entsprechenden Ausgleich in einer anderen Klasse gesegelt werden.
3) KR-Klassenyachten können aber infolge geringer Meldungen in einer Klasse auch mit Yachten aus KR-Gruppen zusammen in ein Rennen gehen.
Die KR-Klassen tragen arabische Ziffern als Bezeichnung der KR-Größe.
Die KR-Gruppen tragen römische Ziffern.
In der Yachtliste 1954 des DSV stehen z.B. 151 KR-Klassenboote gegen 692 Boote in KR-Gruppen, also in einem Verhältnis von 1: 4,5.
Wunsch war natürlich, dass sich dieses Verhältnis, wenn auch naturgemäß nur langsam, stetig zugunsten der KR-Klassen verändern würde, mit dem fernen Endziel, daß alle Yachten in den KR-Klassen untergebracht sind und dort innerhalb ihrer Größenklassen ohne jeden Zeitausgleich gestartet werden.
Aber selbst 1959 stand das Verhältnis Alt- zu Neu-KR noch 570 : 188 Yachten oder etwa 3 : 1. Und so wurde der Zeitausgleich zumeist doch noch angewendet.
Die Seefahrtkreuzer wurden 1952 zur Altersklasse erklärt. Dort, wo noch genügend Boote gleicher Klasse zusammen kamen, durften sie als Seefahrtkreuzer miteinander regattieren. Neubauten wurden jedoch keine mehr abgenommen. Vorhandene Klassenscheine konnten, sofern das Boot weiterhin den Bestimmungen entsprach, jeweils um drei Jahre verlängert werden.
Den unterschiedlichen Klassengrößen wurden folgende Einheitswerte zugeteilt, unter denen sie fortan mit anderen Bootstypen zu regattieren hatten:
30-qm-Seefahrtkreuzer = 6,5-KR-Klasse
40-qm-Seefahrtkreuzer = 7,5-KR-Klasse
50-qm-Seefahrtkreuzer = 8,5-KR-Klasse
80-qm-Seefahrtkreuzer = 11-KR-Klasse
100-qm-Seefahrtkreuzer = 12-KR-Klasse
150-qm-Seefahrtkreuzer = 15-KR-Klasse
Die typische KR-Yacht
Sie ist breit, hochbordig und hat große Aufbauten - so ist die allgemeine Einschätzung.
Obwohl die Formel eigentlich recht viele Möglichkeiten offen ließ, wie zahlreiche Autoren in den 50ern nachwie-sen, waren letztlich KR-Yachten doch sich “ähnelnde Typschiffe, nämlich Langkieler mit S-Spanten.” So Prof. Scharping in einem Resümee zur KR-Formel in seinem Buch zur Yachtkonstruktion.
Die sich in den 50ern entwickelnde Form der KR- Yachten scheint den Geschmack der Zeit auszudrücken, ist ein Kind der Welt, die sie geschaffen hat.
Dem gleichen Geschmack, der diese Formel haben wollte, sagte jener Typ einer Yacht zu.
Es lässt sich schwer behaupten, die Formel-Mathematik habe allein die typische KR-Yacht geschaffen. Der Geschmack jeder Epoche ist es, der die Yacht mit der Mathematik gemäß den Regeln verschmelzen lässt.
Aus dem DSV-Jahrbuch 1952:
Kurzbeschreibung eines idealen 7 KR-Kielkreuzers aus Sicht 1952
Länge ü. A.: 10,05 m
Länge i. d. WL.: 7,52 m
Breite a. D.: 2,71 m
Breite i. d. WL.: 2,45 m
Tiefgang: 1,57 m
Verdrängung: 4,60 m3
verm. Segelfläche: 43 m2
Motor etwa 10 PS
für 3 Personen: 1 Doppelkoje im Vorschiff, 1 Sofakoje, Wäscheschrank im Vorschiff, Kleiderspind, Kombüsenspind mit Gaskocher, L-Sofa mit Klapptisch, Segellast und Stauraum, WC, Wasser- und Brennstofftanks im Kielraum mit hochliegenden Verbrauchstanks (je 1 Handpumpe)
für 4 Personen: 1 Doppelkoje im Vorschiff, 1 Hundekoje, U-Sofa mit Klapptisch, Kleiderschrank, Wäscheschrank, Kombüsenspind mit Gaskocher, WC, Tanks wie oben
Leichtbau
Ab Mitte der 50er Jahre begleitete die Diskussion über die sogenannte Leichtbauweise jede Diskussion über die KR-Formelfrage. Zwar waren auch Fragen einer eventuellen Altersvergütung für die “Alten” mit den großen Überhängen oder des Rechnungsverfahrens nach der KR-Vergütungstabelle zu lösen, aber das war zweitrangig.
Die Leichtbauweise war die Antwort auf die vielen großen Möglichkeiten, die sich aus neuen Werkstoffen und Produktionsverfahren ergab. Während des Krieges waren im Schiffs- und Flugzeugbau industrielle Fertigungsprozesse entwickelt und eingeführt worden, um die steigende Nachfrage nach Schiffen und Flugzeugen zu befriedigen, Prozesse, die auf neuen Technologien und Werkstoffen basierten und maßgeblich zur Entwicklung der Serienproduktion beitrugen.
Nicht mehr “Ortac” galt nun als wegweisend, jetzt kam das Neue heraus, die Umwälzung, die besonders den Begriff vom “ocean racer” revolutionierte: die Leichtbauweise.
Der Anstoß zu leichteren Konstruktionen sollte wieder aus England kommen: Colonel Hasler, ein leidenschaftlicher Segler, suchte nach Kriegs-ende eine neue Regattayacht. Das einzig Brauchbare, was er fand, war ein 30qm-Schärenkreuzer aus dem Jahr 1934. Nach einigen Verbesserungen des Riggs im Sinne der Bestimmungen des RORC und Veränderungen an der Inneneinrichtung und auf Deck, um ein Minimum an Komfort und Sicherheit zu erhalten, segelte Hasler schon in der folgenden Saison des Jahres 1946 mit seiner “Tre Sang” die ersten Regattasiege ein. (Klassiker! No1/08)
Auch in England war an den Bau großer Yachten wie in den 30er Jahren nicht zu denken. Daher fand sich der erste Nachahmer dieser Initiative Haslers schnell. Adlard Coles, auch ein berühm-ter englischer Segler, kaufte ebenfalls ein schwedisches Boot, die von Knud Reimers 1937 entworfene “Cohoe”. Es handelte sich dabei zwar um eine Rennyacht, die aber, wie auch Haslers “Tre Sang”, für die geschützten Gewässer der skandinavischen Fjorde konzipiert war. Dennoch erwies sich auch die leicht umgebaute ”Cohoe” als erfolgreich und gewann das erste nach dem Krieg ausgetragene Transatlantik-Rennen von den Bermudas nach Plymouth.
Die Regattaerfolge dieser Boote gaben den Anstoß sich mit dem Thema Leichtverdränger auseinanderzusetzen.
Die “Myth of Malham” (Giles/Illingworth) setzte den Standard für die Yacht-Entwicklung nach dem II. Weltkrieg: Leichtigkeit, Einfachheit, Effizienz war die Devise an Bord. Die Yacht wog nicht mehr als 8 to, andere Schiffe gleicher Größe verdrängten 12 to. Der Mast stand weit achtern, das Vorsegel war im Top angeschlagen, sodass sich die Reduzierung der Segel auf die vorderen Segel beschränkte.
Neue Werkstoffen und Konstruktionstechniken
“Während der Kriegsjahre waren verschiedene, bis dahin nur experimentell angewandte Verfahren weiterentwickelt worden und standen nun zuverlässig zur Verfügung. Bei Metallkonstruktionen konnte man das Vernieten durch das wesentlich schnellere, sicherere und billigere Schweißverfahren ersetzen.
In Holzkonstruktionen setzte sich Sperrholz als Werkstoff durch. Nachdem während des Krieges wasserbeständige synthetische Klebstoffe auf Phenolharz- und Resorzinharzbasis entwickelt worden waren, konnte Sperrholz nun auch zur Fertigung preisgünstigerer Rümpfe verwendet werden. Es war schneller in der Verarbeitung, erforderte weniger spezialisierte Arbeitskräfte als die traditionelle Beplankung und löste zusätzlich das große Problem der Versorgung mit geeignetem Holz.
Eine kleine Unannehmlichkeit musste man bei diesem Verfahren allerdings in Kauf nehmen: Sperrholz ließ sich nicht “formen«, der Rumpf besaß also Knicke, war dadurch zwar nicht weniger funktionsfähig, aber eben “hässlich«, und wie man weiß, ist Formschönheit bei Yachten ein wesentlicher Aspekt.
Viele Yacht-Architekten griffen daher auf ein anderes Verfahren zurück, die edlere Variante der Sperrholzbauweise, das formverleimte Sperrholz. In Wirklichkeit handelt es sich um eine altbekannte, vor allem in der Möbeltischlerei angewandte Technik, bei der lagenweise mehrere sehr dünne und - da sie in feuchtem Zustand verarbeitet werden gut formbare Holzschichten verleimt wurden. Für den Yachtbau ergab sich allerdings wiederum das Problem eines geeigneten Klebstoffes. Auch die neuentwickelten synthetischen Klebstoffe lösten das Problem nicht vollständig, denn die zu verklebenden Schichten mussten, damit der Kleber seine Wirksamkeit vollständig entfaltete, bei hohen Temperaturen und unter Druck bearbeitet werden. Das Problem der Temperaturen ließ sich mit einem Ofen lösen, aber wie sollte man den nötigen Druck erzeugen? Man griff also auf Metallklammern zurück, die auf einem zusätzlichen Streifen eingeschlagen und zusammen mit diesem Streifen wieder entfernt wurden, sobald der Klebstoff angezogen hatte. Ein etwas kompliziertes, aber wirkungsvolles und vergleichsweise kostengünstiges Verfahren, das auch heutzutage noch gelegentlich angewendet wird.
In der Zwischenzeit machte auch ein anderes ,”leichtes” Material Fortschritte: das Aluminium. Mit der Entwicklung der neuen Legierung Duraluminium eröffneten sich neue Horizonte. Die Verbindungsstellen zwischen den Platten der Außenhaut wurden allerdings noch vernietet. Bis zur Entwicklung eines Verfahrens zum Schweißen von Aluminium (A&R) sollte noch einige Zeit vergehen.
Auch ging die Entwicklung an einem neuen zukunftsweisenden Material voran, einem Verbundwerkstoff aus einem synthetischen Harz (einem Derivat aus Kohlenwasserstoffen) und einer festen Faser. Harze wurden seit der Erfindung von Bakelit im Jahr 1907 bereits vielfach verwendet und auch widerstandsfähige Fasern waren genügend bekannt. Neben Naturfasern wie Sisal, Jute, Hanf, Leinen oder Baumwolle kannte man schon seit 1836 die Glasfaser. Zur Verarbeitung von Glasfasern wurde nun ein Polyesterharz entwickelt. Damit war ein Verbundwerkstoff geboren, der den Yachtsport revolutionieren sollte, der glasfaserverstärkte Kunststoff GFK. 1948 wurde auf der New Yorker Messe die erste Yacht aus glasfaserverstärktem Kunststoff vorgestellt, 1954 wurde in Deutschland der erste GFK-Rumpf laminiert.
Nach Kriegsende sahen sich die Schiffsbaubetriebe veränderten Arbeitsbedingungen gegenüber: Einerseits wurden erstmals die Werkstoffe knapp, andererseits forderten die Arbeitskräfte zu Recht höhere Löhne und waren auch nicht mehr bereit, siebzig Stunden in der Woche zu arbeiten. Die Werften mussten mithin die Fertigungsprozesse umorganisieren, um sich der Nachfrage nach kostengünstigen Produkten anzupassen.
Die Umstellung vom Handwerks- zum Industriebetrieb entwickelte sich vornehmlich in den sechziger Jahren Hand in Hand mit der Entwicklung der Serienproduktion im Yachtbau.
(Nach: F.G. Giorgetti “Geschichte und Entwicklung der Segelyachten”)
Formelprobleme
Anton Miglitsch, Formelchef des DSV, formulierte mit Blick auf die sich mit dieser Entwicklung ergebenden Formelprobleme in der “Yacht” 1961, 16, 693:
“Als im Jahre 1948 die neue KR-Formel als Bauformel angenommen wurde, war offenbar der Zeit- und Entwicklungsabstand zum Vorhergegangenen noch zu kurz. Es war bei der Annahme der Formel nicht bedacht worden, daß es mit der Zeit auch möglicherweise andere Bauverfahren und Baustoffe geben würde, so daß ein grundlegender Bestandteil der Formel, nämlich die Bestimmung, daß zur Erteilung der Klasse das G. L.-Zertifikat erforderlich ist, die Weiterentwicklung des Yachtbaues in dieser Richtung und den Fortbestand des KR-Systems unmöglich machen würde.
Offensichtlich ahnte oder bedachte man 1948 solches nicht, oder überging derartige Bedenken. Man übernahm aus der Vorschrift der Seefahrtklassen die Bestimmung, daß die Yachten nach den Vorschriften des Germanischen Lloyd (G. L.) für Klassifikation und Bau von hölzernen Segelyachten, 1. Auflage 1916 (ergänzt durch die Bauvorschriften des G. L. für stählerne Yachten aus dem Jahre 1951) zu erbauen sind, in die neue KR-Vorschrift. Zweierlei sollte damit erreicht werden, wie auch schon bei den Seefahrtklassen erprobt:
Einmal die Gewähr, daß Rumpf und Ausrüstung den mit den üblichen Baumethoden erreichbaren und erforderlichen Grad an Seetüchtigkeit erhielten. Zweitens Festlegung des in der eigentlichen Formel fehlenden Stabilitätfaktors als Wertfaktor für Segeltragkraft und Geschwindigkeit.
Ein nach diesen G. L.-Vorschriften gebauter und ausgerüsteter Rumpf verfügte über ein bestimmtes, verbautes Materialgewicht, so daß bei den verschiedenen Yachten der Anteil des Ballastgewichtes nur in geringem Umfang differierte und deshalb in der Formel vernachlässigt werden konnte. Das wäre an sich eine wichtige Erleichterung gegenüber den schwierigeren Methoden zur Ermittlung des Ballast-Deplacement-Verhältnisses bei den anderen ausländischen Meßverfahren. Jedoch ist diese Vorschrift, die auf der Beibehaltung der G. L.-Bauweise 1916 beruht, ein unüberwindliches Hemmnis für die Weiterentwicklung des Yachtbaues hinsichtlich neuer Baustoffe und Bauweisen, nach welchen leichtere Rümpfe mit höherem Ballastanteil gebaut werden können als nach der G. L.-Vorschrift 1916. Hier ist es mit der Erfassung des Stabilitätsmomentes nach KR vorbei. Die Formel bietet keine Möglichkeit, solchen Schiffen Klasse zu erteilen. Starten solche Boote gegen reine KR-Yachten, so haben sie diesen gegenüber den Vorteil der größeren Stabilität, daraus Segeltragkraft, daraus Geschwindigkeit.
Wenn trotzdem in den letzten beiden Jahren solche Boote in KR-Wettfahrten gewertet wurden, so nur auf Grund der Verwirrung, die aus Unkenntnis der Formelbedingungen an verschiedenen Stellen herrscht. Ich nenne einige bekannte Fälle: 12-mR-Yachten der Bundesmarine, Yacht “Arrayan” von Dirk Albers, Bremen, Volksboote, die nicht nach G.L. 1916 gebaut sind, dänische LA-Kreuzer aus Sperrholz.
Diese Yachten haben wegen ihrer leichten Bauart bzw. von G. L. 1916 abweichenden Bauart und ihrem daraus resultierendem größeren Segeltragvermögen in der Vermessung nicht erfaßte Vorteile gegenüber den reinen KR-Yachten. Ihre bisher erzielten Erfolge in KR-Seeregatten sind praktisch null und nichtig. Ihre Preise erhielten sie zu Unrecht.
Die Entwicklung hat uns und die KR-Formel solcherart also schon überfahren. Wir können sie nicht mehr aufhalten, das will wahrscheinlich auch niemand. Die Frage stellt sich aber dringend, ob wir eine Operation an der Formel und an den vorhandenen Yachten vornehmen sollen.”
Nach Auffassung der meisten Sachverständigen galt es, durch Zusätze und gewisse Abänderungen moderneren Konstruktionsprinzipien wie Leichtbau und Leichtdeplacement einen Platz in dieser Formel zu geben. Das hörte sich allerdings leichter an, als es sich technisch durchführen ließ. (Aber eine ganz neue Formel hätte hier die Lösung auch nicht leichter schaffen können.)
Die “Experimentierklasse” der KR-Formel war eine erste Zwischenlösung. Offen blieb aber die Frage, ob es überhaupt bisher möglich war, durch Vergleiche mit den “Originalyachten”, also den traditionellen KR-Klassenyachten, brauchbare und allgemein gültige Relationen zu finden.
Die Experimentier-Klasse
“Neuartige Boote aus Sperrholz, Kunstharz und Leichtmetall, durch Leimen, Schweißen und Kleben zusammengefügt, werden vielerorts gebaut und erprobt und sollen jetzt nach den Wünschen ihrer Eigner auch an Wettfahrten teilnehmen, um ihre Vorzüge unter Beweis zu stellen. Der Deutsche Seglertag hat mit der Schaffung der Experimentierklasse eine vorausschauende Regelung getroffen, die der Weiterentwicklung neuer Bauweisen auf längere Zeit gerecht wird und die jederzeit noch erläutert und fester gefügt werden kann, wenn genügende Erfahrungen gesammelt und verwertet worden sind. Zunächst stehen die Sperrholzboote zur Erprobung heran, die bereits über eine mehr als zehnjährige Entwicklung verfügen, Leichtmetall und Kunstharz stehen vor allem wegen der Kosten noch im Hintergrund.
Als Beispiel seien hier die Zeichnungen eines 4,5 KR vermessenden Kielbootes gebracht, das aus dem bekannt gewordenen Kielschwerter “Hein Tüüt IX” entwickelt worden ist. Aus der sehr wandlungsfähigen Wandertakelung dieses Bootes ist allerdings eine Meßformelbesegelung geworden, die nach den gemachten Erfahrungen die Toureigenschaften kaum beeinträchtigt. Aber bei der überragenden Bedeutung der Segelfläche in der KR-Formel kommt man um die Beachtung dieses Faktors nicht herum, wenn man ein konkurrenzfähiges Boot schaffen will. Die Einrichtung übertrifft die Wohnlichkeitsvorschriften der KR-Formel bei weitem. Nach KR könnte man ein offenes 4,5 KR-Boot o h n e Kajüte bauen, das nur zu Rennen und höchstens noch zu Nachmittagsfahrten brauchbar wäre. Hiervon hat der Konstrukteur bewußt Abstand genommen und eine bequeme Einrichtung für 3 Personen vorgesehen, die Pantry, Kleiderschrank, drei feste Schlafplätze (1,90 x 0,60) und viel Stauraum enthält. Selbstlenzende Plicht mit Schnellentleerung und von den Wohnräumen getrennter Motorraum sind ebenfalls Vorzüge, die bisher erst bei Booten von 6 KR verlangt wurden. Segel und Inventar werden außerhalb der Wohnräume achtern verstaut. Nur die vorgeschriebene 22 m Ankerkette und der vorgeschriebene 14 kg schwere Anker werden aus Gewichtsgründen vorm Mast verstaut. Bei einem Eintonner werden sie nur in Notfällen gebraucht. Normalerweise ankert man heute mit einer 10 mm Diolentrosse und einem 5 kg Danforth-Anker. 5,5 KR-Boote können schon eine Einrichtung für 4 Personen tragen, ebenso ein 6 KR-Boot.” (“Yacht” 1958, 23, 718)
Beispiel für einen Sperrholz-Leichtbaukreuzer
Beispiel für einen Sperrholz-Leichtbaukreuzer der DSV-Experimentierklasse mit dem Vermessungswert 4,5 KR.
Konstruiert von Ernst Lehfeld, Hamburg-Wandsbek:
Länge ü. A. 6,90 m, Länge in der CWL 6,05 m, größte Breite 2,20 m, Breite i. d. CWL 1,80 m, Tiefgang 1,05 m, Freibord vorn 0,74 fit Freibord 0,55 : 0,61 m, Freibord achtern 0,4-5 m, Verdrängung 1 t, Ballast 380 kg, Motor 3-5 PS, Sicherheitsräume 800 Liter, Kajüthöhe 1,24 m, 3 Schlafplätze; Großsegel 8,04 qm, Vorsegeldreieck 0,850/0 zu 6,51 qm, vermessene Segelfläche 14,55 qm, Kreuzballon 10,80 qm, größte Segelfläche 19,80 qm, Spinnaker 20 qm.
Beispiel LA-Kreuzer, 6 KR
Sperrholz-Serien-Seekreuzer. Konstrukteur Björn Olsen, Dänemark. Herstellerfirma: Botved Boats, Vordingborg, Dänemark. Länge über Alles 8,90 m, Wasserlinienlänge 7,64 m, Breite 2,45 m, Breite in der Wasserlinie 2,13 m, Tiefgang 1,55 m, Verdrängung 2,5 t, Kielgewicht 1,3 t, Segelfläche nach internationaler Vermessung 27 qm. Bauweise: Backdeck-Knickspantboot aus Sperrholz. Vermessungswert nach der KR-Formel: 6 KR. Preis segelfertig etwa 23000 DM.
"Weg vom Klassensystem"
Miglitsch:
“Kann man das KR-System ändern und der neuen Lage anpassen?
Man kann die Formel ändern und verbessern, muß aber die Klasseneinteilung auf jeden Fall aufgeben. Warum?
Würde man z. B. unter anderem den fehlenden Stabilitätsfaktor einführen, sodaß die Bestimmung der Formel, daß nach G. L. 1916 bzw. 1951 gebaut wird, fallengelassen werden kann und alle Yachten startberechtigt wären, gleich wie sie gebaut sind, so würde dies auf praktische Undurchführbarkeit stoßen:
1. Es müßten bei jedem der vorhandenen Schiffe die genauen Ballastmengen ermittelt werden. Ballastmengen aber sind schwer, in manchen Fällen (Stahlschiffe) überhaupt nicht festzustellen.
2. Durch die Verschiedenheit des auf Grund der Ballastmengen ermittelten Stabilitätsfaktors würden einerseits Yachten nicht mehr in ihre Klasse passen, andere wieder untervermessen. Es würde für die Eigner erforderlich werden, unter Umständen größere Änderungen ihrer Yacht durchzuführen, um die Klasse zu behalten bzw. den Klassenwert auszunutzen.
Henry Rasmussen selbst hatte in dieser Hinsicht schon früher (zwischen den Kriegen) seine Erfahrung gemacht. Er schrieb darüber in den Mitteilungen des Weser Yacht Clubs 1948: “ ... Für eine Klasseneinteilung hatte man keine große Meinung, da man hier und da an den vorhandenen Yachten Änderungen vornehmen mußte, wenn dieselben gerade an der Grenze lagen.”
Übrigens: Ein Schiff, wenn es wohlgelungen ist, ist ein harmonisches Ganzes. Ich bin überzeugt, daß man mit solchen Zwangsänderungen die Schiffe in der Mehrzahl in ihren Eigenschaften verschlechtern würde.
Die jetzt erforderlichen Änderungen der KR-Vorschriften würden sich aber nicht nur auf den neu einzuführenden Stabi-litätsfaktor erstrecken dürfen! Fällig ist außerdem eine vollständig neue Segelvermessung, ein neuer Faktor für Schraube und Motor und eine Neuregelung der Kielschwertvermessung neben anderen wichtigen Bestimmungen, die hinzuzunehmen sich als notwendig erwiesen haben.
Wie will man unter diesen Umständen das Klassensystem halten? Angenommen, es wäre überhaupt möglich, auch unter größten Opfern der Eigner die vorhandenen Yachten einigermaßen gerecht neu einzustufen, will man sich dieser Situation in absehbarer Zeit und immer wieder aussetzen? Eine Klassenformel verträgt keine Änderungen! Die Entwicklung läuft aber weiter. Auch wir sollten ein Meßsystem wählen, das dem Rechnung trägt und die einzig mögliche Konsequenz ziehen: Weg vom Klassensystem!
Wir geben dabei nicht einmal viel auf! Die großen Seeregatten wurden auch bisher in Gruppen und nicht in Klassen gestartet und müssen für die meisten Sonderpreise ohnehin gerechnet werden. (Von den Teilnehmern z. B. der diesjährigen Kieler Woche, die für die Seeregatten meldeten, waren etwa zwei Drittel (!) keine KR-Klassenboote!) Die England- oder Schweden-Regatten werden nie nach KR gesegelt, geschweige denn etwa ein Atlantik-Rennen.”
(“Yacht” 1961, 16, 694)
Fazit des DSV-Formelausschusses:
Die Notwendigkeit der ständigen Weiterentwicklung der Formel bedeutet zugleich eine ständige Änderung der Vermessungswerte, was bei einem Klassensystem wie dem KR-System ab 1948 unweigerlich Neueinordnung oder bauliche Änderungen der Yacht selbst zur Folge hätte.
(Stark engagiert zeigten sich in der Diskusion um das Klassenproblem auch die Konstrukteure W. Ohlendorf, K. Oehlmann, E. Lehfeld, F. Marggraff, E. Krasmann und E.G. van de Stadt durch ihre Beiträge in der “Yacht”.)
1963
Auf dem Seglertag 1963 in München wurde die umstrittene Frage der KR-Formel erörtert. Zur Debatte standen ein Antrag des Technischen Ausschusses des DSV auf Änderungen der KR-Formel und ein Antrag des Lübecker Yacht-Clubs, die KR-Formel aufzugeben und durch die damals gültige Fassung der amerikanischen CCA-Formel zu ersetzen. Der Technische Ausschuss wies darauf hin, dass es noch einige Zeit dauern werde, bis eine internationale Formel geschaffen werden könne. Alle vorgeschlagenen Änderungen der KR-Formel zielten darauf ab, diese Formel der CCA-Formel anzugleichen, die die modernste Formel sei, “die es gegenwärtig gebe”. Der Technische Ausschuss wolle eine gerechte Bewertung der vorhandenen Yachten, niemand solle gefördert oder gehemmt werden. Der Vertreter des Lübecker Yacht-Clubs, Dr. Brüggen, setzte sich dagegen dafür ein, die KR-Formel über Bord zu werfen. Er plädierte nachdrücklich für die CCA-Formel:
“Warum nicht gleich ganz über die Hürde hinüber? Dieser Schritt wäre beispielhaft für alle anderen Länder. Wir müssen den Mut haben, die neuen Baustoffe zu berücksichtigen!”
Die Versammlung entschloss sich, den Änderungsvorschlägen des Technischen Ausschusses mit Mehrheit zuzustimmen. Ausschlaggebend dafür war die immer wieder während der Diskussionen geäußerte Ansicht, daß im Technischen Ausschuss Fachleute sitzen, die als ausgesprochene Experten die ohnehin schwierige Formelfrage selber hitzig diskutiert haben, zwar nicht einer Meinung waren, aber ihre unterschiedlichen Ansichten schließlich doch auf einen Nenner bringen konnten. Eine nicht unerhebliche Rolle spielte auch die Erkenntnis, dass bei Annahme der CCA-Formel sämtliche KR-Yachten unter erheblichen Kosten neu vermessen werden müssten ...
Nach 1963 wurden die alten Klassen abgeschafft und in folgenden Wettfahrtgruppen gesegelt:
I 9 KR und darüber
II 7 KR bis 8.999 KR
III 6KR bis 6.999 KR
IV 5.999 KR und darunter
Ein schnelles Aus für die KR-Formel
Das Ende für die KR-Formel Zeit kam bald. Vornehmlich durch die internationale Entwicklung. Durch die erste internationale Formel für die Seesegelei, die IOR-Formel. Von deutscher Seite forciert.
Wer als Deutscher international segeln wollte, musste nicht nach KR, sondern nach anderen Formeln vermessen lassen, vor allem der RORC-Formel. Und das waren schon einige: Mit der “Germania V”, “Ashanti”, “Wappen von Bremen”, “Windspiel”, “Rubin”, “Ortac”, “Atalanta”, “Athena” und “Diana II” zeigten wieder hervorragende Schiffe Flagge auf allen großen internationalen Veranstaltungen.
Eine international einheitliche Vermessung war gefragt.
1961 war es, als sich im Bremer “Park-Hotel” Konstrukteure und Segler zusammensetzten und über die Möglichkeit diskutierten, eine international gültige Rennformel einzuführen. Hans-Otto Schümann und Rolf Schmidt hatten unter anderen Olin Stephens, Alan Paul, Sekretär des Royal Ocean Racing Club, und aus Schweden Ola Wettergren, Gösta Du Rietz und Knud Reimers dazu eingeladen.
Die Versammlung gründete das sogenannte Bremen Committee und traf sich regelmäßig zu Konsultationen. Ein Jahr später, in London, ging daraus das Offshore Rule Coordinating Committee hervor. Nacheinander traten Dänemark, Finnland, Holland, Frankreich, Italien, Australien, Kanada und Belgien diesem Committee bei, das sich später Offshore Racing Council nannte.
1967 erklärten sich auch die Amerikaner bereit, die britische RORC-Rumpf-vermessung anzuerkennen, wenn die Briten die amerikanische Segelvermessung akzeptierten. Das geschah, und damit war der Weg für die International Offshore Rule, IOR, frei. Im November 1968 wurde der Entwurf eines neuen Regelwerks vorgestellt. Am 1. Januar 1971 trat die International Offshore Rule Mark I in Kraft und löste in Deutschland die KR-Formel ab.
Was hatte die Entwicklung forciert?
Erstens überlegte die IYRU Anfang der 60er Jahre, ob Hochseerennen nicht zur olympischen Disziplin werden sollten. Man forderte den amerikanischen Yachtkonstrukteur Olin Stephens - der neben anderen offiziellen Ämtern auch das eines mU-Beraters innehatte - auf, bei der Vereinheitlichung der beiden unterschiedlichen Formeln auch den Aspekt Olympiade zu berücksichtigen.
Zweitens fand 1962 das letzte Rennen der 6-Meter-Klasse um den Eintonner-Cup statt. Jean Peytel, Vorstandsmitglied des für den Eintonner-Pokal verantwortlichen Le Cercle de la Voile de Paris, war der Ansicht, die zuneh-mend schwächer besetzte 6-Meter-Klasse wäre dem One-Ton-Cup nicht länger zuträglich. Er schlug statt dessen eine Serie von Hochsee- und Küstenwettfahrten für Hochseerennyachten der Klasse 22 ft RORC vor. Auf eine Zeitvergütung sollte zukünftig verzichtet werden: Liegen alle gemeldeten Boote in oder unterhalb der zugelassenen Klasse, könnte die Wettfahrt ohne Handicap gesegelt werden. Dann hätte das Boot gewonnen, das als erstes über die Ziellinie fährt. In den Meter-Klassen wurden die Rennen bereits gemäß dieser Regel gesegelt, für eine Hochseewettfahrt war dieser Vorschlag revolutionär.
Drittens stand das erfolgreiche New Yorker Unternehmen Sparkman and Stephens im Mittelpunkt der Debatte. Sparkman and Stephens konstruierte sowohl Boote für Eigner in Europa nach der RORC-Formel als auch viele Yachten gemäß der CCA-Formel. Der führende Konstrukteur Olin Stephens war somit als Sachverständiger für beide Formeln prädestiniert.
Hans-Otto Schümann, Mentor der deutschen Seesegelei bei der Taufe seiner “RubinII”
Der Gedanke, Hochseerennen zur olympischen Disziplin zu machen, wurde rasch fallengelassen. Aber schon die Diskussion an sich war ein Beweis für das allgemeine Interesse an einer internationalen Formel.
Nun mußten in aller Eile der IOR entsprechende Yachten gebaut werden, die nach der KR-Formel konstruierten Boote verschwanden in der Versenkung.
Die so erfolgreiche Zeit deutscher Seesegelei bei den Tonner-WMs und im Admirals Cup ist nicht mehr Teil der KR-Historie.
Die Einführung der IOR-Formel machte die internationalen Veranstaltungen populärer, kurbelte den Wett-bewerb an und löste einen wahren Bauboom an Yachten gemäß der neuen Formel aus. Bereits 1977 gab es weltweit mehr als 10.500 Yachten nach der IOR. Trend: immer mehr “Grand Prix”-Rennmaschinen, die Konstruktion von Allround-Booten wurde vernachlässigt. Die neuen Regeln veränderten langsam, aber sicher nicht nur die Yachtkonstruktionen - hin zu einem sehr breitem Hauptspant, einem eher breiten Achter- und Unterwasserschiff - auch die Art der Wettfahrten änderte sich: Hans-Otto Schümann, Motor der Entwicklung, propagierte fortan Dreieckskurse für die Seerennen auf deutschen Regattabahnen. Seitdem sehen die Programmschwerpunkte der Nordsee-Woche und der Kieler Woche für die Seesegler anders aus. Die besten Mannschaften mit dem neuesten Material segeln dort überwiegend auf Dreiecks- und heute Up-and-down-Kursen - mit ersten ausschließlich auf Regatten konzipierten Konstruktionen.
KR-Klassen und Klassikerrennwert
Häufiger wird die Frage aufgeworfen, warum denn nicht zum Beispiel 7 KR-Yachten mit einheitlichem KLR-Wert auf die Regattabahn geschickt werden.
Ich hoffe, dass deutlich geworden ist: Je nachdem, wann eine Yacht vermessen wurde, können zum Beispiel 1957 und 1966 unterschiedliche KR-Werte bei ein und der gleichen Yacht herausgekommen sein.
Auch werden Boote im Laufe ihres Lebens ja öfters modifiziert, was sich auf die KR-Werte natürlich ausgewirkt hat.
So wurde die - als Beispiel - die “Helgoland”, heute “Schwalbe”, 1952 auf der Heidtmann-Werft gebaut, in ihrer langen KR-Zeit mal als 8 KR, mal als 7,5 KR und auch als 7 KR-Yacht vermessen.
Wenig sinnvoll (und sportlich) ist es also, alle Boote, die unter der Bezeichnung 7 KR laufen, automatisch mit dem gleichen Handicap, dem gleichen KLR-Wert auszustatten.
Vertrauen wir der KLR-Formel, dass sie den unterschiedlichen Bootskonstruktionen nach der KR-Formel von 1925 bis zur letzten Version 1966 als einfache und reine Ausgleichsformel gerecht werden kann.
Fotos: “YachtsportArchiv”
Mehr zum Thema Vermessung vor und nach 1900, zur Vorgeschichte der KR-Zeiten, finden Sie, lieber Leser, auch in unserem Magazin "Klassiker!" 1/08 in einem Artikel von Erdmann Braschos, natürlich auch in den Tiefen des YachtsportArchivs auf www.yachtsportmuseum.de