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Die Zwölfer im Spiegel der "Yacht" First Rule Zwölfer, "Yacht" 1906-1919 Text + Recherche: Wilfried Beeck |
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Brand IV, 1909 Davo, 1911 Heti, 1911 Rollo, 1911 Erna Signe, 1912 Magda IX, 1912 Schwanhild 1912 in Venedig Skeaf VI 1914 auf der Flensburger Förde Heti 1924 auf dem Wannsee |
Die führenden europäischen Segelnationen hatten sich auf einer Sitzung am 12. Juni 1906 in London erstmals auf eine gemeinsame Vermessungsformel geeinigt. Eine weitere Konferenz im Oktober 1906 in Berlin legte genaue Bauvorschriften fest, die fortan vom Englischen Lloyd, dem Germanischen Lloyd und dem Bureau Veritas zertifiziert wurden. Auf einer dritten Konferenz im Oktober 1907 in Paris wurde die International Yacht Racing Union (I.Y.R.U.) gegründet und allgemein gültige Segelanweisungen festgelegt. Jetzt konnten Yachten der sogenannten Meterklassen ohne Vergütung gegeneinander segeln. Das neue Regelwerk trat am 1. Januar 1908 in Kraft und galt zunächst für 10 Jahre. Die Meterklassen etablierten sich erstaunlich schnell, vor allem die 6er, 8er, 10er, 12er und 15er, wie man den jährlichen Publikationen von Lloyds entnehmen konnte. Zwischen 1907 und 1914 entstanden in Europa fast 800 Yachten nach der neuen Formel, davon 36 Zwölfer. Die I.Y.R.U. begründete auch die Idee einer gemeinsamen europäischen Regatta, die abwechselnd in verschiedenen Ländern stattfinden sollte. Die erste sogenannte Europe Week musste 1910 allerdings wegen des Todes des englischen König Edwards gleich um ein Jahr verschoben werden. Sie wurde dann zu den Krönungsfeierlichkeiten von King George 1911 im Anschluss an die Cowes-Week ausgetragen. Vor allem die Europawoche 1912 in Kiel und 1914 in Oslo, erfreuten sich reger Beteiligung. Die Olympischen Spiele hingegen, obwohl 6er, 8er und 12er olympische Klassen waren, fanden international nur geringes Interesse unter den 12er Eignern. Die olympischen Regatten 1908 im schottischen Clyde profitierten allerdings von der großen lokalen Zwölfer-Flotte mit Heatherbell, Alachie, Nargie, Mouchette und Hera. 1912 in Stockholm waren die skandinavischen Zwölfer Magda IX, Erna Signe und Heatherbell unter sich. 1920 in Antwerpen/Oostende wurden in der 12er Klasse sogar zwei Goldmedaillen ausgesegelt, getrennt nach First und Second Rule. Allerdings brachte der Gewinn den beiden norwegischen Anker-Konstruktionen Atalanta und Heira II nur zweifelhaften Ruhm, denn sie waren jeweils die einzigen Vertreter in ihrer Klasse. Im Mittelpunkt der Yacht Berichterstattung vor dem Krieg stehen die Regatten der großen Rennyachten, wie der Meteor von Kaiser Wilhelm und der Germania von Krupp. Die Segelbegeisterung des Kaisers bewirkt einen großen Aufschwung des Segelsports in Deutschland, bevor der 1. Weltkrieg dem Treiben ein jähes Ende bereitet. Die Berichterstattung der Yacht spiegelt die Haltung der Zeit wider. Ist man 1912 noch begeistert von der starken englischen Teilnahme an der Europawoche in Kiel, so werden 1915 die Berichte der englischen Yachtpresse nationalistisch kritisiert was sich dann 1919 nach dem verlorenen Krieg und dem vorübergehenden Ausschluss Deutschlands von den internationalen Regatten fortsetzt. Max Oertz ist einer der ersten Yachtdesigner, der nach der Meterklassen-Formel baut. Bereits 1907 liefert seine Hamburger Werft den ersten Zwölfer Davo II an den holländischen Eigner Vermeer. Es folgt 1911 die Davo III für den gleichen Eigner und 1912 die Heti für Herrn Eschenburg aus Lübeck. Eifrigster Vertreter der kleinen deutschen 12er-Gemeinde aber war Henry Horn, ein Holzgroßhändler aus Schleswig, der sich zwischen 1908 und 1914 insgesamt fünf 12mR Yachten bauen ließ, die er alle unter dem Namen Skeaf segelte. Regattiert wurde vor allem zur Kieler Woche, auf der regelmäßig auch skandinavische Zwölfer wie Brand IV, Rollo, Sibyllan, Magda VIII und Magda IX antraten. Dazu kamen in der Saison 1910 die Ivanhoe von Alexander Treuberg aus Riga und die Schwanhild, die im gleichen Jahr auf der Kieler Scharstein-Werft für Dr. Hans Schreiner aus Graz gebaut worden war. Höhepunkt der Zwölfer-Regatten in Kiel war die Saison 1912 mit den Wettfahrten zur Europawoche. Mit der Ierne von William Fife, der Magda IX von Johan Anker, Davo III und Heti von Max Oertz und der Bargschen Skeaf V trafen fünf brandneue 12er aufeinander, die einen wirklich internationalen Vergleich erlaubten. Wie schon zuvor hatten allerdings die deutschen Zwölfer wieder das Nachsehen. Vielleicht war dies auch der Grund, warum sich Henry Horn seinen letzten Zwölfer Skeaf VI von William Fife entwerfen und bei Abeking & Rasmussen bauen ließ. Es zeigte sich jedenfalls in der Saison 1914, dass die Skeaf VI erstmals der ausländischen Konkurrenz ebenbürtig war und nur knapp vom neuen Anker-Entwurf Sibyllan aus Schweden geschlagen wurde. Über die Saison 1914 schreibt die Yacht: "Nicht unerwähnenswert mag bleiben, dass alle vier in Deutschland gemeldeten Yachten der 12m-Klasse von ihren Eignern bzw. von Herrenseglern geführt wurden, wodurch die Kämpfe in vieler Beziehung naturgemäss eine ganz andere Bedeutung erlangten, als wenn sie von bezahlten Leuten erfochten worden wären." Der Kommentar mag sich darauf bezogen haben, dass die 12er die größte Klasse waren, die noch regelmäßig von den Eignern gesteuert wurde. Bei den 15ern und den großen Schonern waren in der Regel bezahlte Crews an Bord. Vielleicht war es aber auch eine Anspielung darauf, dass die skandinavischen 12er gelegentlich nicht von ihrem Eigner, sondern von Johan Anker gesteuert wurden. Anker zählte neben William Fife, Charles Nicholson, Alfred Mylne und Max Oertz zu den führenden Yacht-Konstrukteuren in Europa. Fast alle skandinavischen Yachten wurden von ihm konstruiert und häufig auch auf seiner Werft Anker & Jensen gebaut; zumindest in ihrer ersten Saison wurden die Boote auch oft von ihm selbst gesteuert. Von 1909 bis 1911 deklassierte er mit Brand IV und Rollo förmlich die Konkurrenz. Die "Yacht" widmete sich unterdessen in einer ausführlichen Serie über mehr als 20 Ausgaben und 60 Seiten hinweg den mehr beschaulichen Mittelmeer- und Nordlandreisen der Zwölfer Schwanhild und Skeaf III. Nachdem die erste Version der Meterklassen-Formel offiziell am 1. Januar 1918 ausgelaufen war, dauerte es wegen des 1. Weltkriegs eine Weile, bis man sich 1919 auf eine modifizierte Formel einigte. Grundlage waren im Wesentlichen die Innovationen im Yachtdesign von Anker, Nicholson und Herreshoff. Charles Nicholson hatte 1912 erstmals einen durchgängigen Mast konstruiert, an dem das Topsegel direkt gefahren wurde, das sogenannte Marconi-Rigg, benannt nach den hohen Telegrafenmasten. Herreshoff in den USA ging 1919 noch weiter, indem er das Top-Segel komplett eliminierte und mit einem durchgängigen Großsegel arbeitete, dem sogenannten Bermuda-Rigg. Anker schließlich stellt in den 20er Jahren fest, dass ein einzelnes Vorsegel leistungsfähiger ist als die bis dahin übliche Kuttertakelung. Ein Vergleich der drei Meterklassen-Formeln von 1908, 1920 und 1933:
Es fällt sofort auf, dass sich die Second Rule nur unwesentlich von der Third Rule unterscheidet. Lediglich das Gurtmaß wurde eliminiert zugunsten eines kleineren Divisors. In der Saison 1933 waren folglich die alten Second Rule und die neuen Third Rule Zwölfer in etwa ebenbürtig. Hingegen weist die First Rule einen ganz wesentlichen Unterschied auf: Die Segelfläche ging nur zu einem Drittel in die Formel ein. Das lag ganz offensichtlich daran, dass man 1906 noch nicht genügend über die Aerodynamik des Segelns wusste. Im Resultat führte dies dazu, dass die First Rule Zwölfer völlig übertakelt waren und bei stärkerem Wind große Probleme mit dem Rigg bekamen. Es ist Nicholson, Herreshoff und Anker zu verdanken, dass sie diese Schwächen erkannten und in neue Designs und Formelvorschläge umsetzten. Die Amerikaner, speziell Herreshoff, hatten ursprünglich die Meterklassen komplett abgelehnt. Erst mit den Veränderungen der Second und Third Rule etablierte sich die Formel auch in den USA. Tatsächlich werden bis heute die Meterklassen unverändert nach der Third Rule vermessen. Dokumente im Yacht-Archiv: |
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