Werftgeschichten
Bei dem Wort „Werftgeschichten“ denkt man möglicherweise zunächst einmal an Küstenklatsch und Erlebnisse auf Werften, aber hier geht es um die Historie von Werften.
Es handelt sich also meist um Jubiläumsbücher anlässlich eines runden Jubiläums. Unter Sammlern hoch geschätzt sind die aufwendig her-gestellten Bücher aus der Werftindustrie der Großschifffahrt, so 50 Jahre Blohm & Voss oder Tecklenborg, 100 Jahre Howaldt, Stülcken oder Schichau und 150 Jahre Bremer Vulkan, um nur die Schönsten zu nennen.
In der Yacht- und Bootswerftbranche hingegen sind die Schriften seltener. Entsprechend der Größe der Boote ragt hier die Werft Lürssen mit ihrem aufwendig hergestellten Buch zum 125-jährigen Firmenjubiläum heraus: „Lürssen 1875 2000“. Das 29 x 30 cm große Buch ist reichhaltig bebildert, aufwendig recherchiert, nie im Buchhandel erschienen und gab es in englischer und in deutscher Sprache. Lürssen hat zwar mit Ausnahme einiger Restaurierungen von großen Yachten wie “Aschanti IV” und “Creole” ansonsten im Segelbootbau keine große Bedeutung, war aber etwa ab 1900 eine der führenden Werften im Motorbootbau und hier ganz besonders im Rennbootbereich. Heute ist das Hauptbetätigungsfeld große bis sehr große Motoryachten.
Vis-a-vis auf der anderen Weserseite ist die wohl bekannteste deutsche Yachtwerft beheimatet, Abeking & Rasmussen. Auch von hier gibt es mehrere kleinere Jubiläumsschriften, alle äußerst selten. Ein Buch zur 100-jährigen Geschichte ist seit langem angesagt und soll im Frühjahr 2009 erscheinen. Bisher erschienen ist die sehr gesuchte Biographie und Werftgeschichte des Gründers Henry Rasmussen: „Yachten Segler und eine Werft“ von 1956. Rasmussen beschreibt die einzelnen Jahre, was gebaut wurde, wo er segelte und wie es stets aufwärts ging. Das Buch liest sich sehr spannend. Im Jahre 1996 erschien von Svante Domizlaff „Abeking & Rasmussen“. Ebenfalls schön zu lesen, manchmal flott recherchiert, reich bebildert und ebenfalls mit Baunummernverzeichnis. Und 1998 hat Klaus auf dem Garten „Abeking & Rasmussen“ geschrieben. Das Buch ist sehr sauber recherchiert, liest sich dafür aber schwerer und hat ebenfalls im Anhang das gesuchte Baunummernverzeichnis. Herr Auf dem Garten hat eine weitere Werftgeschichte geschrieben: „Yacht- und Bootswerft Burmester“, Bremen 1920 1979. Das 2002 erschienene Buch ist noch im Buchhandel erhältlich. Soweit mir bekannt, arbeitet Herr Auf dem Garten an einem weiteren Buch über die kleineren Bremer Werften wie z.B. de Dood.
In diesem Jahr feiert die bayerische Bootswerft Rambeck ihr 125-jähriges Jubiläum; ob es hierzu ein Buch geben wird, ist mir nicht bekannt. Aber zum 100-jährigen Jubiläum erschien 1983 von Söllner-Fleischmann das kleine Büchlein „Einhundert Jahre Bootswerft Rambeck“. Damit erschöpft sich weitgehendst die deutschsprachige Literatur zur Werftgeschichte. Zwei Bücher sollten noch erwähnt werden. Klaus Kramer: „Max Oertz“ - hier handelt es sich weniger um eine Werftgeschichte und mehr um eine Biographie, aber der werftgeschichtliche Teil ist eben auch enthalten. Das zweite Buch ist von Wilhelm Chr. K. Stammer, „Hamburgs Werften 1635 1993“ - wie der Titel schon sagt thematisch auf Hamburg begrenzt und enthält vorwiegend größere Werften, aber eben auch die vielen kleinen Bootswerften in und um Hamburg.
Unter der englischsprachigen Literatur ragt in Größe und Aufmachung das Buch von Ian Dear „Camper & Nicholsons Two Centuries of Yachtbuilding“ aus dem Jahre 2001 heraus. Das Buch ist gut zu lesen, reich bebildert und enthält ebenfalls ein Baunummernverzeichnis.
Aus Italien gibt es zwei weitere beachtenswerte Publikationen. Das ansprechend gestaltete und getextete Buch von Mario Marzari „The Yachts of Sangermani„ aus dem Jahre 1993, das Buch über eine der bedeutendsten Yachtwerften Italiens ist in englischer Sprache geschrieben, und ebenfalls in englischer (und italienischer) Sprache das Buch über die finnische Nobel-werft Swan, Franzoni & Gulli: „Nautor’s Swan“, 1990.
Aus Holland ist mir die Werftgeschichte von Jongert aus dem Jahre 1989 bekannt. Von C.P. Jongert geschrieben trägt es den Titel „Jachtwerf Jongert“ und ist in holländischer Sprache herausgegeben.
Ebenfalls aus Holland - in englischer Sprache - erschien 1999 von Andrew Rogers „The Feadship Story“. Als die Werft noch Akerboom & van Lent hieß, wurden dort noch Segelboote gebaut, heute ist man auf große Motoryachten spezialisiert. Von den Superyacht Werften gibt es noch sehr viel mehr Lebensgeschichten, doch die sind, denke ich, in unserem Kreis nicht wichtig.
Dafür ist um so erwähnenswerter die Biographie von Bray & Pinheiro über „Herreshoff of Bristol“ aus dem Jahre 1989. Das Buch beschäftigt sich sowohl mit biographischen Eckdaten als auch mit der Geschichte der Werft. Ähnlich verhält es sich mit dem norwegischen Konstrukteur und Werftinhaber Johan Anker. Das Buch von Kraset & Engen „Johan Anker“, Oslo 2003, ist ebenfalls Biographie und Werftgeschichte.
Unglaublich ist die Fülle der in den letzten Jahren in Schweden erschienenen Bücher über Yachtkonstrukteure und eben teilweise auch deren Werften. Das einwohnermäßig kleine Land ist uns hier weit überlegen. Bücher über und von Yachtkonstrukteuren werden das Thema der nächsten Ausgabe des „Klassiker!“ sein.