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Seglertagung 1949 Die Frage an den “Seglertag” des DSVb von 1927 stand 1948/49 wieder auf der Tagesordnung des organisierten Segelsports: Fortführung der Seefahrtkreuzerklassen oder KR-Formel als Bauformel für die Kreuzeryachten. Die Situation war aber günstig, könnte man sagen, um ein neues Klassen- und Vermessungssystem einzuführen. Auf der “Seglertagung” 1949 in Lübeck wurde die von Henry Rasmussen neu überarbeitete KR-Formel - die der RORC-Rule in vielem angenähert war - statt der bisherigen Grenzmaßvermessung als nationale Ausgleichs- und Bauformel für Seeschiffe angenommen. Gemäß Harry Wustrau hatten sich jetzt die Konstrukteure wieder durchgesetzt. |
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Eine Erläuterung von Schiffbau-Ing. F. Barthel im DSV-Jahrbuch 1952: Yachten sind in den KR-Klassen untergebracht und werden dort innerhalb ihrer Größenklasse ohne jeden Zeitausgleich gestartet. Die Skizze zeigt die Maße, die für die Errechnung des KR-Wertes verbindlich sind und vom Vermesser nach Fertigstellung des Neubaus von Bord genommen werden und in den Meßbrief eingehen. In der Neufassung von 1948 lautet die Formel: Hierin bedeuten: L = Länge in einer besonders festgelegten Vermessungsebene, die 4 % der Wasserlinienlänge über derselben liegt, - S = vermessene Segelfläche in m2 - D = Deplacement oder Verdrängung des Bootes nach der Konstruktion in m3 - B = Breite entsprechend der Länge in der gleichen Ebene gemessen in m - F = Vermessungsfreibord, beträgt % der Summe der Freiborde hinten, vorn und auf 45 % der Wasserlinienlänge von hinten in m. Hat man also an Hand einer Zeichnung alle diese entsprechenden Daten zur Hand, so kann sehr schnell der KR-Wert ermittelt werden. Doch ohne die Vermessungsbestimmungen geht es nicht immer, weil es bei Über- oder auch Unterschreiten gewisser Grenzwerte Belastungen und Vergütungen gibt. Um einen “optimalen Wert” zu erreichen, kann man sich zunächst damit behelfen einen Entwurf auf Rennwert zu rechnen, um dann entsprechend den Erfordernissen Verbesserungen durchzuführen. In diesem Verfahren liegt aber der Nachteil, daß man während des Annäherns mehr oder weniger die beabsichtigten Verhältniswerte, die meist von gebauten und bewährten Schiffen zugrunde gelegt werden, verändert. Als erstes ist der große Bruchstrich mit den darüberstehenden Vermessungswerten zu betrachten. Wichtig ist zu erkennen, daß alle diese Werte in der Dimension Meter gehalten sind, das heißt, sie haben eine einheitliche Größenordnung in der Dimension - ein anderer Vergleich ist für eine derartige Formel mathematisch gesehen auch nicht denkbar. Man darf nicht Meter und Quadratmeter oder Kubikmeter beliebig zusammenbringen. So ist L = m; die Wurzel der Segelfläche = und auch die Kubikwurzel aus der Verdrängung = m. Je größer die Summe dieser Werte ist, je kleiner kann der KR-Wert werden. Zu erreichen ist dieses durch: a) ein völliges Schiff, b) ein brei-tes Schiff, c) ein hochbordiges Schiff. Die sich aus dem ersten Teil ergebende Summe wird durch 1,4 m dividiert. Die amtliche Fassung der heutigen KR-Formel enthält eigenartigerweise nicht die Dimension “Meter” hinter dem Divisor. Diese ist aber unbedingt notwendig, denn der weitere Teil der Formel ist auch dimensionslos. Auch rein vorstellungsmäßig ist ein KR-Wert in Meter nicht denkbar, denn unter Meter hat man doch die Vorstellung eines Längenmaßes. Der zweite Teil der Formel enthält einen Bruch aus der Wurzel der Segelfläche und der 3. Wurzel der Verdrängung. Dieser Wert wird um 4,1 vermindert und mit 0,7 multipliziert. Dieser Faktor Wurzel aus S / 3. Wurzel ausD stellt für den Segeljachtbau einen besonders wichtigen Verhältniswert dar und ist ein Ausdruck für die Größe der Segelfläche zur Größe der Jacht. In heute nur noch sehr seltenen Fällen wird dieser Wert bei Kielschwert- und Kieljachten 4,1 überschrei-ten. Das bedeutet, daß in den meisten Fällen die aus diesem Formelteil herauskommende Zahl negativ ist und deshalb einen Abzug vom Rennwert bringt. Jachten mit verhältnismäßig wenig Segelfläche, also untertakelte Fahrzeuge, können hier eine Verkleinerung ihres Renn-wertes erreichen, aber wiederum geht es auf Kosten der Geschwindigkeit. Die beiden weiteren Abzüge Mo (Motor) und Ba (Ballast) sind von den jeweiligen konstruktiven Gegebenheiten her ebenfalls bei Konstruktionsbeginn schon bekannt und können ebenfalls schon von vornherein in den Renn-wert mit hineingerechnet werden. Mo bedeutet der Abzug von 3 bzw. 1% des Rennwertes je nach Art des Propellers bei Hilfsantrieben, und Ba ist ein Abzug von 2 % für den Ballast, wenn dieser nicht aus Blei besteht. Zusammengefaßt sind es fünf Faktoren, von denen die Größe des KR-Wertes als absolute Zahl abhängig ist. Und hierin liegt die Grundlage für eine Unzahl von verschiedenen Möglichkeiten, auch selbst dann, wenn man sich zum Ziel setzt, einen “optimalen KR-Wert” zu bekommen. |
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Klassen und Gruppen Die Einführung der KR-Formel - gedacht als nationale Ausgleichsformel für Segelyachten verschiedener Typen und Konstruktion - wurde verbunden mit einem Klassensystem, dem KR-Klassensystem. Neben den KR-Klassen gab es noch die KR-Gruppen. a) KR-Klassen von 4 bis 12 KR innerhalb der nationalen Klassen des DSV, zu denen alle nach dem 1. Dezember 1948 begonnenen Neubauten gehören, Übergangsmöglichkeiten bestehen in folgender Form:
Aber selbst 1959 stand das Verhältnis Alt- zu Neu-KR noch 570 : 188 Yachten oder etwa 3 : 1. Und so wurde der Zeitausgleich zumeist doch noch angewendet. Die Seefahrtkreuzer wurden 1952 zur Altersklasse erklärt. Dort, wo noch genügend Boote gleicher Klasse zusammen kamen, durften sie als Seefahrtkreuzer miteinander regattieren. Neubauten wurden jedoch keine mehr abgenommen. Vorhandene Klassenscheine konnten, sofern das Boot weiterhin den Bestimmungen entsprach, jeweils um drei Jahre verlängert werden. 30-qm-Seefahrtkreuzer = 6,5-KR-Klasse
Sie ist breit, hochbordig und hat große Aufbauten - so ist die allgemeine Einschätzung. Die sich in den 50ern entwickelnde Form der KR- Yachten scheint den Geschmack der Zeit auszudrücken, ist ein Kind der Welt, die sie geschaffen hat. |
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Länge ü. A.: 10,05 m für 3 Personen: 1 Doppelkoje im Vorschiff, 1 Sofakoje, Wäscheschrank im Vorschiff, Kleiderspind, Kombüsenspind mit Gaskocher, L-Sofa mit Klapptisch, Segellast und Stauraum, WC, Wasser- und Brennstofftanks im Kielraum mit hochliegenden Verbrauchstanks (je 1 Handpumpe) für 4 Personen: 1 Doppelkoje im Vorschiff, 1 Hundekoje, U-Sofa mit Klapptisch, Kleiderschrank, Wäscheschrank, Kombüsenspind mit Gaskocher, WC, Tanks wie oben |
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11 KR “Rubin II” Aus: G. Grell “Das Boot für dich”, 1962 “Als Beispiel für eine 11KR-Kielyacht und zugleich für einen modernen Hochseekreuzer, der gleich gut für Hochseerennen wie für Langfahrten über See geeignet ist, wird hier der 1957 gebaute “Rubin” gezeigt, der zu den in Rennen erfolgreichsten KR-Kreuzern gehört. Es ist nicht die erste große Kreuzeryacht des Eigners, eines erfahrenen Hochseerennseglers, der auch größere Langfahrten durchgeführt hat. Seine langjährigen Erfahrungen wurden für die Rumpfform, die Einrichtung und Ausrüstung und für die Besegelung berücksichtigt. Das Schiff hat sich in allem bewährt, so daß nachträgliche Veränderungen nicht mehr vorgenommen zu werden brauchten. Die Wohnlichkeitss-Vorschriften für die 11-KR-Klasse verlangen in der Kajüte eine lichte Höhe vom Fußboden bis zur Unterkante des Kajütdaches von 2,10 m, fünf Schlafgelegenheiten, von denen zwei Gasrohrkojen sein können, Kochgelegenheit und Geschirr für fünf Personen, einen Waschraum mit WC, 1 Kubikmeter Schrankraum und fest eingebaute Wasserbehälter für 150 Liter. Die Zahl der festen Schlafplätze beträgt auf dem “Rubin” 7, von denen nur einer eine Gasrohrkoje ist. Außer dem mittschiffs gelegenen Waschraum mit WC befindet sich ein zweites WC im Vorschiff. Der Frischwassertank faßt 390 Liter, der Brennstofftank 90 Liter. Das Deck ist durch Aufbauten recht wenig unterbrochen, so daß die Besatzung überall Platz und Bewegungsfreiheit zum Arbeiten hat. Auch das unmittelbar hinter dem Großmast aufgestellte Beiboot stört kaum. Ein geräumiges Deck ist aber nicht nur für Hochseerennyachten, auf denen viele Segelmanöver notwendig werden, zweckmäßig, sondern ist auch auf einer reinen Fahr-tenyacht sehr angenehm. überhaupt ist vieles, was mit Rücksicht auf Seerennen auf einem Seekreuzer eingerichtet wird, auch für Ferienreisen über See nützlich. Das abgeschlossene Deckshaus auf dem “Rubin” wurde vor allem für Rennen als Navigationsraum und als”Aufenthaltsraum der Wache bei schlechtem Wetter vorgesehen. Auf gemütlichen Langfahrten hat sich das Deckshaus dann als Speiseraum bewährt. Der Hauptniedergang führt vor dem Deckshaus in einen Vorraum, von dem aus die Kombüse, das Haupt- WC mit Ölzeugschränken und der Eigner-Schlafraum zugänglich sind. Durch diese Anordnung wird erreicht, daß die Freiwache, die in der Eignerkabine oder in der Messe, der Hauptkajüte, schläft, nicht gestört wird. Diese Anordnung der Räume ist auch auf Ferienfahrten sehr zweckmäßig. Hans-Otto Schümann, Eigner der hier vorgestellten “Rubin II”, mühte sich engagiert, die deutschen Hochseesegler an die Szene auf dem Solent heranzuführen. Seit 1956 segelte er selbst regelmäßig auf dem historischen Revier. 1957 bis 1967 mit der “Rubin II”, bis 1972 mit “Rubin III”, 1973 nach ersten Schlepptankversuchen mit der “Rubin IV”, der mit “Saudade” und “Carina” der erste Cup-Sieg gelang. |
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4 KR-Seekreuzer “Seejungfrau”. Entworfen und erbaut von der Yacht- und Bootswerft Abeking & Rasmussen, Lemwerder. Länge über Alles 6,48 m, Länge i. d. Wasserlinie 5,00 m, Breite 2,00 m, Seitenhöhe 1,00 m, Tiefgang 1,15 m, Verdrängung 3,5 t Themse-Vermessung - Großsegel 11,75 qm, Vorsegeldreieck 5,90 qm, “Ostsee”, Rundspant-Seekreuzer für den Werft-Serienbau. Konstruktion und Bauwerft: Vertenswerft, Winning an der Schlei. Länge über Alles 8 m, Wasserlinienlänge 6,57 m, Breite 2,30 m, Tiefgang 1,22 m, Verdrängung 2,18 t, Ballastkiel 800 kg, Gesamtsegelfläche 27 qm, vermessene Segelfläche 27 qm, vermessene Segelfläche nach KR 26,20 qm, Großsegel 15,30 qm, Fock I 11,70 qm, Sturmfock 4,10 qm, Kreuzballon 19 qm, Klassengröße 5 KR. Baumaterial: Vollholz, Bauart: Schalenbau mit untergesetztem Kiel. Preis fertig ausgerüstet ohne Motor und eingebautes WC 17 820,- DM. Typ Ostsee II mit erhöhtem Kajütaufbau und 30,40 qm Segelfläche 20 920 DM. 6 KR-Kielschwertkreuzer. Konstrukteur Schiffbau -Ing. Kurt A. H. Oehlmann, Travemünde. Länge über Alles 9,77 m, Wasserlinienlänge 7,30 m, Breite 2,90 m, Breite in der Wasserlinie 2,60 m, Seitenhöhe Gl 1,57 m, Tiefgang auf 0,55 der Länge 1,10 m, größter Tiefgang 1,155 m, Verdrängung 5,2 t, Am-Wind-Segelfläche 39,25 qm, Großsegel 22,90 qm, Vorsegeldreieck 85% 15,65 qm, vermessene Segelfläche 38,55 qm, Großsegel tatsächlich 25,30 qm, Baumfock 13,95 qm, Fock I 15,80 qm, Genua 23 qm, Sturmfock 4,45 qm, Trysegel 7,32 qm, Spinnaker etwa 40 qm. Bauweise: Rundspant, Vollholz. Segelzeichen: 6. 6,5 KR-Seekreuzer “Magellan” und “Klipper”. Konstrukteur Schiffbau-Ing. W. Ohlendorf, Lemwerder. Bauwerft Yacht- und Bootswerft Abeking & Rasmussen, Lem-werder. Länge über Alles 10,64 m, Wasserlinienlänge 7,20 m Breite 2,65 m, Seitenhöhe 1,62 m, Tiefgang 1,50 m, Verdrängung 5,27 t, Am-Wind-Segelfläche 44,30 qm, Großsegel vermessen 26,85 qm, Vorsegeldreieck 85% 14,88 qm, vermessene Segelfläche 41,73 qm, Großsegel 29,20 qm; Fock I 15,10 qm, Genua 22 qm, Sturmfock 6 qm, Spinnaker etwa 57 qm. Bauweise: Rundspant, Vollholz. Segelzeichen: 6,5. Leichtbau - Kielschwertkreuzer für den Rundspant-Speerholzbau. Konstrukteur Ernst Lehfeld, Hamburg-Wandsbek. Länge über Alles 9,05 m, Wasserlinienlänge 7,75 m, Breite 2,80 m, Breite in der Wasserlinie 2,13 m, Tiefgang ohne Schwert 0,90 m, Tiefgang mit Schwert 1,86 m, Gewicht 2600 kg, Ballast 1000 kg, Schwert 80 kg, Sicher-heitsräume 1500 Liter. Segelfläche 32 qm, Großsegel 20 qm, Vorsegeldreieck 11,90 qm, vermessene Segelfläche 31,90 qm. Preis segelfertig etwa 26 000 DM. Stählerner 8-KR-Kielkreuzer “Sansibar II”. Konstrukteur Kurt Beister, Norderney. Bauwerft Beister-Werft, Norderney. Länge über Alles 12,65 m, Wasserlinienlänge 9 m, Breite 3,30 m, Tiefgang 1,75 m, Verdrängung 9,8 t, Blei-ballast 3,8 t, Am-Wind-Segelfläche 72,80 qm, Großsegel 34,80 qm, Besan 8,60 qm, Vorsegel 29,40 qm, Fock I 22,80 qm, Fock II 35 qm, Treiber 22,50 qm, Ballon 42 qm, Besan-Stagsegel 31,80 qm. Segelzeichen: 8. Hilfsmotor: Mercedes-Benz-Diesel. |
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Ab Mitte der 50er Jahre begleitete die Diskussion über die sogenannte Leichtbauweise jede Diskussion über die KR-Formelfrage. Zwar waren auch Fragen einer eventuellen Altersvergütung für die “Alten” mit den großen Überhängen oder des Rechnungsverfahrens nach der KR-Vergütungstabelle zu lösen, aber das war zweitrangig. Die Leichtbauweise war die Antwort auf die vielen großen Möglichkeiten, die sich aus neuen Werkstoffen und Produktionsverfahren ergab. Während des Krieges waren im Schiffs- und Flugzeugbau industrielle Fertigungsprozesse entwickelt und eingeführt worden, um die steigende Nachfrage nach Schiffen und Flugzeugen zu befriedigen, Prozesse, die auf neuen Technologien und Werkstoffen basierten und maßgeblich zur Entwicklung der Serienproduktion beitrugen. Nicht mehr “Ortac” galt nun als wegweisend, jetzt kam das Neue heraus, die Umwälzung, die besonders den Begriff vom “ocean racer” revolutionierte: die Leichtbauweise. Der Anstoß zu leichteren Konstruktionen sollte wieder aus England kommen: Colonel Hasler, ein leidenschaftlicher Segler, suchte nach Kriegs-ende eine neue Regattayacht. Das einzig Brauchbare, was er fand, war ein 30qm-Schärenkreuzer aus dem Jahr 1934. Nach einigen Verbesserungen des Riggs im Sinne der Bestimmungen des RORC und Veränderungen an der Inneneinrichtung und auf Deck, um ein Minimum an Komfort und Sicherheit zu erhalten, segelte Hasler schon in der folgenden Saison des Jahres 1946 mit seiner “Tre Sang” die ersten Regattasiege ein. (Klassiker! No1/08) Auch in England war an den Bau großer Yachten wie in den 30er Jahren nicht zu denken. Daher fand sich der erste Nachahmer dieser Initiative Haslers schnell. Adlard Coles, auch ein berühm-ter englischer Segler, kaufte ebenfalls ein schwedisches Boot, die von Knud Reimers 1937 entworfene “Cohoe”. Es handelte sich dabei zwar um eine Rennyacht, die aber, wie auch Haslers “Tre Sang”, für die geschützten Gewässer der skandinavischen Fjorde konzipiert war. Dennoch erwies sich auch die leicht umgebaute ”Cohoe” als erfolgreich und gewann das erste nach dem Krieg ausgetragene Transatlantik-Rennen von den Bermudas nach Plymouth. Die Regattaerfolge dieser Boote gaben den Anstoß sich mit dem Thema Leichtverdränger auseinanderzusetzen. |
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Die “Myth of Malham” (Giles/Illingworth) setzte den Standard für die Yacht-Entwicklung nach dem II. Weltkrieg: Leichtigkeit, Einfachheit, Effizienz war die Devise an Bord. Die Yacht wog nicht mehr als 8 to, andere Schiffe gleicher Größe verdrängten 12 to. Der Mast stand weit achtern, das Vorsegel war im Top angeschlagen, sodass sich die Reduzierung der Segel auf die vorderen Segel beschränkte. |
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“Während der Kriegsjahre waren verschiedene, bis dahin nur experimentell angewandte Verfahren weiterentwickelt worden und standen nun zuverlässig zur Verfügung. Bei Metallkonstruktionen konnte man das Vernieten durch das wesentlich schnellere, sicherere und billigere Schweißverfahren ersetzen. In Holzkonstruktionen setzte sich Sperrholz als Werkstoff durch. Nachdem während des Krieges wasserbeständige synthetische Klebstoffe auf Phenolharz- und Resorzinharzbasis entwickelt worden waren, konnte Sperrholz nun auch zur Fertigung preisgünstigerer Rümpfe verwendet werden. Es war schneller in der Verarbeitung, erforderte weniger spezialisierte Arbeitskräfte als die traditionelle Beplankung und löste zusätzlich das große Problem der Versorgung mit geeignetem Holz. Viele Yacht-Architekten griffen daher auf ein anderes Verfahren zurück, die edlere Variante der Sperrholzbauweise, das formverleimte Sperrholz. In Wirklichkeit handelt es sich um eine altbekannte, vor allem in der Möbeltischlerei angewandte Technik, bei der lagenweise mehrere sehr dünne und - da sie in feuchtem Zustand verarbeitet werden gut formbare Holzschichten verleimt wurden. Für den Yachtbau ergab sich allerdings wiederum das Problem eines geeigneten Klebstoffes. Auch die neuentwickelten synthetischen Klebstoffe lösten das Problem nicht vollständig, denn die zu verklebenden Schichten mussten, damit der Kleber seine Wirksamkeit vollständig entfaltete, bei hohen Temperaturen und unter Druck bearbeitet werden. Das Problem der Temperaturen ließ sich mit einem Ofen lösen, aber wie sollte man den nötigen Druck erzeugen? Man griff also auf Metallklammern zurück, die auf einem zusätzlichen Streifen eingeschlagen und zusammen mit diesem Streifen wieder entfernt wurden, sobald der Klebstoff angezogen hatte. Ein etwas kompliziertes, aber wirkungsvolles und vergleichsweise kostengünstiges Verfahren, das auch heutzutage noch gelegentlich angewendet wird. In der Zwischenzeit machte auch ein anderes ,”leichtes” Material Fortschritte: das Aluminium. Mit der Entwicklung der neuen Legierung Duraluminium eröffneten sich neue Horizonte. Die Verbindungsstellen zwischen den Platten der Außenhaut wurden allerdings noch vernietet. Bis zur Entwicklung eines Verfahrens zum Schweißen von Aluminium (A&R) sollte noch einige Zeit vergehen. Auch ging die Entwicklung an einem neuen zukunftsweisenden Material voran, einem Verbundwerkstoff aus einem synthetischen Harz (einem Derivat aus Kohlenwasserstoffen) und einer festen Faser. Harze wurden seit der Erfindung von Bakelit im Jahr 1907 bereits vielfach verwendet und auch widerstandsfähige Fasern waren genügend bekannt. Neben Naturfasern wie Sisal, Jute, Hanf, Leinen oder Baumwolle kannte man schon seit 1836 die Glasfaser. Zur Verarbeitung von Glasfasern wurde nun ein Polyesterharz entwickelt. Damit war ein Verbundwerkstoff geboren, der den Yachtsport revolutionieren sollte, der glasfaserverstärkte Kunststoff GFK. 1948 wurde auf der New Yorker Messe die erste Yacht aus glasfaserverstärktem Kunststoff vorgestellt, 1954 wurde in Deutschland der erste GFK-Rumpf laminiert. Nach Kriegsende sahen sich die Schiffsbaubetriebe veränderten Arbeitsbedingungen gegenüber: Einerseits wurden erstmals die Werkstoffe knapp, andererseits forderten die Arbeitskräfte zu Recht höhere Löhne und waren auch nicht mehr bereit, siebzig Stunden in der Woche zu arbeiten. Die Werften mussten mithin die Fertigungsprozesse umorganisieren, um sich der Nachfrage nach kostengünstigen Produkten anzupassen.
Anton Miglitsch, Formelchef des DSV, formulierte mit Blick auf die sich mit dieser Entwicklung ergebenden Formelprobleme in der “Yacht” 1961, 16, 693: “Als im Jahre 1948 die neue KR-Formel als Bauformel angenommen wurde, war offenbar der Zeit- und Entwicklungsabstand zum Vorhergegangenen noch zu kurz. Es war bei der Annahme der Formel nicht bedacht worden, daß es mit der Zeit auch möglicherweise andere Bauverfahren und Baustoffe geben würde, so daß ein grundlegender Bestandteil der Formel, nämlich die Bestimmung, daß zur Erteilung der Klasse das G. L.-Zertifikat erforderlich ist, die Weiterentwicklung des Yachtbaues in dieser Richtung und den Fortbestand des KR-Systems unmöglich machen würde. Offensichtlich ahnte oder bedachte man 1948 solches nicht, oder überging derartige Bedenken. Man übernahm aus der Vorschrift der Seefahrtklassen die Bestimmung, daß die Yachten nach den Vorschriften des Germanischen Lloyd (G. L.) für Klassifikation und Bau von hölzernen Segelyachten, 1. Auflage 1916 (ergänzt durch die Bauvorschriften des G. L. für stählerne Yachten aus dem Jahre 1951) zu erbauen sind, in die neue KR-Vorschrift. Zweierlei sollte damit erreicht werden, wie auch schon bei den Seefahrtklassen erprobt: Einmal die Gewähr, daß Rumpf und Ausrüstung den mit den üblichen Baumethoden erreichbaren und erforderlichen Grad an Seetüchtigkeit erhielten. Zweitens Festlegung des in der eigentlichen Formel fehlenden Stabilitätfaktors als Wertfaktor für Segeltragkraft und Geschwindigkeit. Ein nach diesen G. L.-Vorschriften gebauter und ausgerüsteter Rumpf verfügte über ein bestimmtes, verbautes Materialgewicht, so daß bei den verschiedenen Yachten der Anteil des Ballastgewichtes nur in geringem Umfang differierte und deshalb in der Formel vernachlässigt werden konnte. Das wäre an sich eine wichtige Erleichterung gegenüber den schwierigeren Methoden zur Ermittlung des Ballast-Deplacement-Verhältnisses bei den anderen ausländischen Meßverfahren. Jedoch ist diese Vorschrift, die auf der Beibehaltung der G. L.-Bauweise 1916 beruht, ein unüberwindliches Hemmnis für die Weiterentwicklung des Yachtbaues hinsichtlich neuer Baustoffe und Bauweisen, nach welchen leichtere Rümpfe mit höherem Ballastanteil gebaut werden können als nach der G. L.-Vorschrift 1916. Hier ist es mit der Erfassung des Stabilitätsmomentes nach KR vorbei. Die Formel bietet keine Möglichkeit, solchen Schiffen Klasse zu erteilen. Starten solche Boote gegen reine KR-Yachten, so haben sie diesen gegenüber den Vorteil der größeren Stabilität, daraus Segeltragkraft, daraus Geschwindigkeit. Wenn trotzdem in den letzten beiden Jahren solche Boote in KR-Wettfahrten gewertet wurden, so nur auf Grund der Verwirrung, die aus Unkenntnis der Formelbedingungen an verschiedenen Stellen herrscht. Ich nenne einige bekannte Fälle: 12-mR-Yachten der Bundesmarine, Yacht “Arrayan” von Dirk Albers, Bremen, Volksboote, die nicht nach G.L. 1916 gebaut sind, dänische LA-Kreuzer aus Sperrholz. Diese Yachten haben wegen ihrer leichten Bauart bzw. von G. L. 1916 abweichenden Bauart und ihrem daraus resultierendem größeren Segeltragvermögen in der Vermessung nicht erfaßte Vorteile gegenüber den reinen KR-Yachten. Ihre bisher erzielten Erfolge in KR-Seeregatten sind praktisch null und nichtig. Ihre Preise erhielten sie zu Unrecht. Die Entwicklung hat uns und die KR-Formel solcherart also schon überfahren. Wir können sie nicht mehr aufhalten, das will wahrscheinlich auch niemand. Die Frage stellt sich aber dringend, ob wir eine Operation an der Formel und an den vorhandenen Yachten vornehmen sollen.” Nach Auffassung der meisten Sachverständigen galt es, durch Zusätze und gewisse Abänderungen moderneren Konstruktionsprinzipien wie Leichtbau und Leichtdeplacement einen Platz in dieser Formel zu geben. Das hörte sich allerdings leichter an, als es sich technisch durchführen ließ. (Aber eine ganz neue Formel hätte hier die Lösung auch nicht leichter schaffen können.) Die “Experimentierklasse” der KR-Formel war eine erste Zwischenlösung. Offen blieb aber die Frage, ob es überhaupt bisher möglich war, durch Vergleiche mit den “Originalyachten”, also den traditionellen KR-Klassenyachten, brauchbare und allgemein gültige Relationen zu finden. |
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“Neuartige Boote aus Sperrholz, Kunstharz und Leichtmetall, durch Leimen, Schweißen und Kleben zusammengefügt, werden vielerorts gebaut und erprobt und sollen jetzt nach den Wünschen ihrer Eigner auch an Wettfahrten teilnehmen, um ihre Vorzüge unter Beweis zu stellen. Der Deutsche Seglertag hat mit der Schaffung der Experimentierklasse eine vorausschauende Regelung getroffen, die der Weiterentwicklung neuer Bauweisen auf längere Zeit gerecht wird und die jederzeit noch erläutert und fester gefügt werden kann, wenn genügende Erfahrungen gesammelt und verwertet worden sind. Zunächst stehen die Sperrholzboote zur Erprobung heran, die bereits über eine mehr als zehnjährige Entwicklung verfügen, Leichtmetall und Kunstharz stehen vor allem wegen der Kosten noch im Hintergrund.
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Werftanzeigen von 1953 bis 1966 in der “Yacht”
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