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Eine Formel für die See WH |
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Seetüchtig & schnell - KR-Yachten im Wandel der Zeit - Teil 1
Nach Ende des ersten Weltkriegs war jede Entwicklung im Yachtsport zum Erliegen gekommen. In Deutschland herrschte Inflation, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme waren nicht gelöst. Der kaiserliche Segelsport als Zeitvertreib von Aristokraten und Finanzmagnaten war Vergangenheit. Ab Mitte der zwanziger Jahre wurden von finanzkräftigen Seglern, die aufs Meer hinaus wollten und nicht die Dreieckssegelei bevorzugten, seetüchtige Fahrtenyachten, Kreuzeryachten gesucht. Die Fahrtenboote nach dem Vermessungssystem von 1911, die “Nationalen Kreuzer”, boten keine brauchbare Lösung. Der als Butenschiff geschaffene 75qm Kreuzer galt bestenfalls als küstentauglich. Die 125er Nationalen hatten sich für Seefahrten als extrem übertakelt herausgestellt und 250qm Nationale existierten aus ähnlichen Gründen lediglich auf dem Papier. Die Frage war: Wie konnte der zukünftige Bau von vernünftigen und seetüchtigen Booten am besten geregelt werden? Der Seglertag des DSV(b) 1927 sollte durch einen bindenden Beschluss über das in Zukunft gültige Messverfahren die Entscheidung bringen. 1930 würde das alte Klassensystem der Nationalen Kreuzerklassen auslaufen und der Potsdamer Yacht-Club hatte dringend gefordert, bereits frühzeitig über das Folgemessverfahren zu entscheiden, damit interessierte Eigner schon im voraus entsprechende Yachten in Auftrag geben könnten. Der Hintergrund: Seeregatten stießen auf zunehmendes Interesse. International, aber auch national. Bermuda Race, Fastnet, Nordseewoche. |
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Die Yachten, die zu den Seeregatten gemeldet werden, sind sehr unterschiedlich, aber allesamt stattliche Fahrtenschiffe. Beim ersten Fastnet Race 1925 waren übrigens unter den Konkurrenten als einzige richtige Yachten ein schlanker Kutter von Nicholson und ein Spitzgatter von Shepard. Die Siegerin unter den sieben Startern, die berühmte “Jolie Brise”, war ein Lotsenkutter von Le Havre. So unterschiedlich die Yachten aber auch waren, das Regattieren mit ihnen in Seeregatten war viel aufregender, als wenn man nur Runden mit reinen Rennyachten im Wasser zog. Das Vergnügungssegeln ging aufs Meer hinaus. |
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“Jeder Segler wird sich noch an die alten Zeiten erinnern, in denen die Vergütung der einzelnen Segelyachten gegeneinander willkürlich festgesetzt wurde, und wenn es auch selbstverständlich ist, daß die Regatta-Kommission sich die größte Mühe gegeben hat, objektiv die Boote gegeneinander auszugleichen, spielten gefühlsmäßige Momente doch stets eine außerordentlich große Rolle, da ja auch die Geschwindigkeiten der einzelnen Boote nur gefühlsmäßig beurteilt werden konnten. Ich machte seinerzeit den Vorschlag, diese Willkür im Ausgleich der Yachten gegeneinander auszuschalten und die Yachten nach einer Formel, für die ich ebenfalls einen Vorschlag, die sogenannte Rasmussen-Formel, brachte, rein vermessungstechnisch gegeneinander auszugleichen. Es ist selbstverständlich, daß bei einer solchen Vermessungsformel, die die Yachten verschiedenster Typen erfassen soll, auf den ersten Hieb ein technisch einwandfreier Ausgleich nicht zu erwarten war. Es ist jedoch wichtig, überhaupt einmal einen Anfang zu machen, um die Entwicklung einer geeigneten Formel zu ermöglichen. Ohne Anfang gibt es kein Ende. Hinzu kommt außerdem, daß die erste Formel auch nicht immer richtig, wie von mir gedacht, angewandt wurde.”
Insbesondere die Konstruktionen von Max Oertz zeigten, dass es möglich war, seefähige Fahrtenschiffe zu entwickeln, die einerseits bequemen Lebensraum boten, andererseits erstaunliche Geschwindigkeiten entwickeln konnten. Oertz zum Thema Fahrtenyachten: „Der brauchbare Kreuzer muß vor allen Dingen eine gute Breite und große Stabilität besitzen, und muß, um handlich zu sein, mit einem Minimum an
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Würde sich analog auf dem Seglertag 1927 die KR-Formel als Bauformel durchsetzen?
Der Norddeutsche Regatta-Verein verlangte gemeinsam mit dem Kaiserlichen Yacht-Club solide gebaute, seetüchtige Kreuzerklassen nach der KR-Formel, die ja die wichtigsten Rumpf- und Riggmaße rechnerisch in Zusammenhang setzte. Die Formelvariante von 1927 lautete:
Das mathematische Ergebnis der Formel ergab eine Vermessungsgröße in m-K.R. Zusätzlich sollte die Formel durch einschränkende Grenzmaße ergänzt werden. Dieser Forderung hatten sich weitere Seevereine angeschlossen. Die KR-Formel von 1927 sah seetaugliche Kielyachten in den Dimensionen 17, 13, 11, 10, 9, 8 und 7 m-KR für Besatzungsgrößen von 12 bis 4 Personen vor. Die Segelflächen-Vorstellungen reichten von 40 qm bei der kleinsten 7 KR-Yacht bis zu 250 qm beim großen 17 KR-Schiff. (“Yacht”, 1927, 37) Gegen diese KR-Formel standen die Vorstellungen der Siebener-Kommission, eines vom DSVb eingesetzten Ausschusses aus führenden Konstrukteuren. Der Ausschuss forderte für die neuen Seefahrtkreuzerklassen, wie auch für sämtliche übrigen Verbandsklassen einhellig Grenzmaßbestimmungen. Nach Meinung des Ausschusses unter Vorsitz von H. Wustrau erzeugt jede Rechenformel, wie u.a. auch die internationale Meter-Formel gezeigt hätte, eine einheitliche Schiffsform, und nicht, wie eigentlich gewünscht, Yachten, die sich entsprechend den unterschiedlichen Wünschen der Eigner voneinander unterschieden. |
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„Jede Messformel liefert praktisch den Besteller dem Konstrukteur aus. Es ist falsch, zu sagen, dass der Besteller die Freiheit bekommt, zu bauen, was er will! Im Gegenteil, er muß bauen, was der Konstrukteur will. Denn jeder Konstrukteur muß den Ehrgeiz haben, jede Formel so auszunutzen, dass das schnellste Boot herauskommt. Was der Kreuzersegler will, das ist das derb gebaute, schwere, geräumige und mäßig besegelte Boot, d.h. er will für sein Geld ein Maximum an Wohnlichkeit, Seetüchtigkeit und Dauerhaftigkeit. Wenn wir also endlich jetzt den Mut aufbringen, klassenweise die Grenzbestimmungen für Breite, Deplacement und Geräumigkeit im Anbau an bereits bewährte Typen so groß, wie irgend möglich zu machen, und dabei Länge, Tiefgang und Takelungshöhe nach Möglichkeit zu be-schneiden, so bekommen wir mit absoluter Sicherheit solide und brauchbare wirkliche Seekreuzer. Dem Konstrukteur bleibt dann die dankenswerte Aufgabe, um diese Forderungen und Grenzmaße das schnellste Boot herumzuzeichnen!” |
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Die vom DSVb-Vorstand befürchtete Rede- und Abstimmungskonflikt zwischen den kontroversen Lagern der KR-Formelanhänger und den Befürwortern einer Grenzmaßformel hielt sich in Grenzen. Der Sprecher der Hamburger KR-Verfechter Erich F. Laeisz, damals Deutschlands größter Windjammerreeder, erklärte sich bereit, dem Siebenervorschlag zuzustimmen, falls man einige seiner Forderungen mit in die neue Vermessung aufnehmen würde. Hierunter waren die von den KR-Befürwortern geforderte Takelage-vergütung bei Zweimastern und die Festlegung der Segelhöhe. Die Delegierten stimmten für die Grenzmaßbestimmungen. Das neue Messverfahren trat zum 1. Januar 1928 in Kraft, die Seefahrtkreuzerklassen wurden geboren. Praktisch hieß das: International sollten die auf dem Seglertag 1927 beschlossenen Seefahrtkreuzerklassen des DSVb keine Rolle spielen, die RORC- und CCA-Formel wurde zum Maß der Yachtentwicklung in den Seeregatten, besonders in einer ganz speziellen Form des Seesegelns, dem Hochseerennsegeln. |
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Sicher, der internationale Segelsport war fest in anglo-amerikanischer Hand und bis auf wenige Ausnahmen trugen Briten und Amerikaner die international ausgeschriebenen Rennen unter sich aus. Dr. Frank, “Yacht”-Reporter, beklagte sich 1935: “Die deutsche Seglerwelt hat sich aus - zugegeben - entschuldbaren Gründen bis in die jüngste Gegenwart dem Ozean ferngehalten und im wesentlichen auf der Ostsee und den deutschen Binnengewässern eine Betriebsamkeit entfaltet, deren nationale und internationale Erfolge ihre Berechtigung beweisen.” Es ginge, so Dr. Frank, darum klarzustellen, “welche Bedeutung der Ozeansegelsport für die deutschen Segler hat und welche Wege zu beschreiten, bzw. be-schritten sind, uns im Hochseesegeln an die Stelle zu bringen, die Deutschlands Stellung unter den Völkern der Welt entspricht.” (“Yacht”, 1935, 47) In diesem Sinne war die Atlantikregatta 1936 Bermuda-Cuxhaven aus Nazi-Sicht wichtig und richtig. Schiffe der Seefahrtkreuzerklassen waren es nicht, die zur Atlantikregatta antraten. Alle deutschen Teilnahmer waren für die Vermessung in den internationalen Formeln CCA und RORC konstruiert worden. Zahlreiche Aufsätze finden sich in der “Yacht” jener Jahre zum Thema RORC und zum Vergleich RORC- und See-fahrtkreuzer-Yachten. So äußerte sich Dr. Perlia, Skipper der “Roland von Bremen”, mehrfach pro RORC-Formel. |
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Die Frage an den “Seglertag” des DSVb von 1927 stand 1948/49 wieder auf der Tagesordnung des organisierten Segelsports: Fortführung der Seefahrtkreuzerklassen oder KR-Formel als Bauformel für die Kreuzeryachten. Die Situation war aber günstig, könnte man sagen, um ein neues Klassen- und Vermessungssystem einzuführen. Auf der “Seglertagung” 1949 in Lübeck wurde die von Henry Rasmussen neu überarbeitete KR-Formel - die der RORC-Rule in vielem angenähert war - statt der bisherigen Grenzmaßvermessung als nationale Ausgleichs- und Bauformel für Seeschiffe angenommen. Gemäß Harry Wustrau hatten sich jetzt die Konstrukteure wieder durchgesetzt. |
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Mehr zum Thema Vermessung vor und nach 1900, zur Vorgeschichte der KR-Zeiten, finden Sie, lieber Leser, auch in unserem Magazin "Klassiker!" 1/08 in einem Artikel von Erdmann Braschos, natürlich auch in den Tiefen des YachtsportArchivs auf www.yachtsportmuseum.de |
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