Anno 1912 ließ der Lübecker Holzkaufmann Eschenburg die "Heti" bauen, einen 12er gemäß der damals herrschenden 12mr-Rule, heute als "First Rule" bezeichnet. Entworfen wurde sie von Max Oertz, gebaut auf seiner 1896 gegründeten Werft auf der Insel Neuhof zwischen Elbe und Süderelbe. Benannt wurde die "Heti" nach der zweitjüngsten Tochter von Eschenburg, Hedwig, die kurz "Heti" gerufen wurde. Bereits in der Segelsaison 1912 nahm "Heti" an den damals wichtigen Regatten teil, dazu gehörte natürlich auch die Kieler Woche.
1921, nach neun recht erfolgreichen Regattasaisons, verkaufte Eschenburg die "Heti". Sie wird nun unter dem Namen "Traum" auf dem Wannsee gesegelt und dort zur Nachwuchsausbildung genutzt.
1930 kehrt sie auf die Ostsee zurück und wird vom neuen Eigner, dem Torffabrikanten Harms, für Regatten und Urlaubstörns genutzt, irgendwann in dieser Zeit wird sie zur Yawl umgetakelt. Über die Zeit während des II. Weltkrieges und der Nachkriegszeit ist nichts bekannt, sie taucht dann bei der Hanseatischen Yachtschule in Glücksburg wieder auf, dient dort als Ponton, ironischerweise unter dem Namen "Seeschwalbe". 1966 übernimmt Peter Himstedt die Yacht, nun wird sie für Seereggatten hochgerüstet, umgebaut und verstärkt. Ein neuer Bug wird vor den alten gesetzt, der Rumpf wird mit GfK überlaminiert. Um einen innigen Verbund zwischen Planken und Kunststoffschicht herzustellen, werden Zehntausende von Löchern in das Holz gebohrt und mit angedickten Fäden versehen, eine Maßnahme, die später bei der Restaurierung viel Kopfschmerzen bereitet hat.
Unter dem Kiel wird weiterer Ballast verbaut, das Schiff erhält einen neuen Mast und größere Segelfläche. Nach diesen Maßnahmen segelt die Yacht unter dem Namen "Saturn" viele Bahnrekorde, gewinnt 1974 und 1976 das "Blaue Band" auf der Elbe. Mitte der 70er Jahre', als die "Saturn" gegenüber den neuen Kunststoffyachten nicht mehr kokurrenzfähig ist, verkauft Peter Himstedt das Schiff an Friedrich Goebel. Der neue Eigner verlegt die Yacht in das Mittelmeer und nennt sie standesgemäß "Romeo". 1998, nachdem bei einem Unfall das Rigg abgerissen wurde, entschließt sich Friedrich Goebel aus Altersgründen, die "Heti" nicht wieder reparieren zu lassen und übergibt sie als Schenkung Joachim Kaiser von der Stiftung Hamburg Maritim.
Die alte Lady wird vom Mittelmeer unter Mithilfe von Hamburger Reedern in die Elbe transportiert und bei "Jugend in Arbeit" gelagert. Darauf folgt die Suche nach Finanziers, die JiA kann zwar die erforderlichen Arbeiten durchführen, aber das Geld dazu fehlt, und es kann auch von der Stifung nicht allein aufgebracht werden. Einziges herausragendes Ereignis in dieser Zeit: Hedwig Howaldt (immer noch gelegentlich Heti genannt) kommt am 16. April 2000 nach Harburg, um der Yacht ihren alten Namen wiederzugeben, für Alle ein anrührender Moment, Hedwig Howaldt, geb. Eschenburg, ist 94 Jahre alt, die "Heti" nur 6 Jahre jüngerr. Kurze Zeit später kommt der Hamburger Phillipp Schilling ins Spiel: Er setzt sich tatkräftig und voller Ausdauer für das Projekt ein und hat schließlich auch Erfolg. Der "Verein Freunde der Heti e.V." wird gegründet, und die Mitglieder sind es, die das notwendige Geld aufbringen, um die Restaurierung anzuschieben. Letzendlich tragen die Mitglieder die Hälfte der Kosten, die andere Hälfte bestreitet der Eigner, die Stiftung Hamburg Maritim. Nach der Beendigung der Restaurierung soll der Verein die "Heti" als Betreiber von der Stiftung übernehmen und somit dann auch die weiteren Kosten für Betrieb und Instandhaltung übernehmen.
2001 wird mit der umfangreichen Restaurierung begonnen, die insgesamt fünf Jahre dauern soll. Eine schwere Entscheidung ist zu fällen: Was soll mit der GfK-Beschichtung geschehen, die mit der Beplankung durch Bohrung verbunden ist? Will man diese Beschichtung entfernen, müssen Planken, Spanten und Stringer erneuert werden, das Projekt ist dann praktisch ein Neubau der "Heti". Man entscheidet sich gegen diese Lösung, auch wenn es den Puristen schwer fiel.
Keine leichte Entscheidung. Da Rumpf und Kiel "modernisiert" worden waren, ist der Lateralpunkt deutlich nach vorn gewandert. Um nun die Bermudatakelung durch eine Gaffel zu ersetzen, wird der Mast um 25 cm nach vorn gerückt und die Segelfläche etwas verkleinert. Das komplette Rigg muss neu berechnet werden, wegen Veränderungen am Kiel in den 60ern kann man nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen, bei Takelung und Deckslayout kann aber auf die Hilfe vorn Spezialist Jochen Gnass zählen. Im Innern der "Heti" müssen 15 Stahlspanten durch lamelliertes Kambala ersetzt werden, zehn Bodenwrangen werden erneuert. Als Zugeständniss an heutige Bedürfnisse werden Motorwinschen eingebaut, das Vorluk wird als Zugang zur Segellast vergrößert, Syklights, Decksluken und der Niedergang werden aufgrund historischer Fotos neu gezeichnet. Und ein 100 PS-Dieselvon Volkswagen Marine wird eingebaut, so wird die mehrmals pro Jahr erforderliche Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal erleichtert.
Im Jahr 2006 schwimmt "Heti" wieder und gibt ihr Debüt standesgemäß bei der Max-Oertz-Regatta in Neustadt. Seitdem nimmt sie an allen wichtigen Regatten teil und bereichert das Feld der 12mr-Yachten um "Trivia", "Sphinx", "Evaine" und andere Schönheiten. "Heti" sticht durch ihre Gaffeltakelung hervor, Rennerfolge sind ihr allerdings aufgrund ihrer Konstruktion nicht vergönnt, gegenüber den Third Rule-12ern, in etwa 20 Jahre jünger, hat sie als First Rule-Yacht keine Chance für einen Platz auf dem Treppchen. So ist es mehr der olympische Gedanke und die reine Freude an dem Segeln mit der ästhetischen Yacht, der die Crew um die Skipper Thomas Ernst, Alexander Groth und Sven Klingenberg begeistert.
Bernd Cordes